Am Ende des 19. Jahrhunderts betrachtete man die Romanik als Glanzzeit der sakralen Baukunst, es galt vielerorts „romanisch = romisch-katholisch“. Diese Gleichung ist zwar historisch nicht ganz korrekt, aber man wollte es gerne so sehen, viele Kirchbauprojekte legitimierten so ihre Stilwahl. So war es auch in der Kirche Mater Dolorosa in Rosenberg (Württemberg). Um 1895 wurde ein Taufstein angefertigt, unter allgemeiner Bezugnahme auf die romanischen Vorgänger. Tatsächlich existierten aus der Romanik noch einige solcher Steine in ganz Europa, etwa Spanien: Taufbecken aus Redecilla del Camino (12. Jh.), Schweden: Taufbecken aus Sandhem in Schweden (um 1140-1160), Frankreich: Stein aus Saint Michel de Grandmont (1175-1200). Hier, in Württemberg, diente aber kein bestimmter historischer Stein als konkretes Vorbild, sondern man bediente sich allgemein der romanischen Formensprache und hatte auch darauf zu achten, dass der neue Stein zur neuen Kirche passte. Diese besaß bereits vom Vorgängerbau einen Taufstein. Er wurde jetzt am Eingangsbereich aufgestellt und diente als Weihwasserstein.
Der mächtige Kalkstein zeigt als einzigen Schmuck im Sockelbereich herausgehauene plastische Blöcke. Sie sind zu Dreiergruppen zusammengefasst und finden sich an allen vier Seiten des kubusartigen Steins.
Damit erinnern sie an die Tore der Stadt, aus denen das Wassers des Lebens nach außen strömen soll. Das Wasser ist hier durch Wellenlinien in der Oberfläche der Tore angedeutet. Welcher Steinmetz vor über hundert Jahren diesen Stein hergestellt hat, ließ sich auch durch Recherchen vor Ort nicht mehr herausfinden. 1967 wurde er durch eine abschließbare Platte aus Bronze ergänzt, diese zeigt ein Kreuz (Christus), eine Hand (Gott) und eine Taube (Heiliger Geist).
Der Stein hat noch eine Nachgeschichte: Nachdem Sieger Köder an dieser Kirche Pfarrer wurde, änderte er im Laufe seiner langjährigen Amtszeit vieles, manches auch mehrfach. Um 1975 wurde der ältere Stein vom Eingangsbereich wieder an den Altar geholt und wieder als Taufstein verwendet. Der neoromanische Stein kam umgekehrt vom Altar an den Eingangsbereich. Er ist gewissermaßen „außer Betrieb“, als Schmuckstück begrüßt er heute die Besucher beim Betreten der Kirche.
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