Unweit Thörl (Steiermark) befindet sich die im Stil der Gotik gestaltete Pfarrkirche St. Andrä, deren Wand- und Deckenfresken auf das Ende des 15. Jahrhunderts zurückgehen und zum Spätwerk des Meister Thomas von Villach gehören. Dieser hatte seine Werkstatt etwa 20 Kilometer entfernt in Villach, wo er bereits zuvor ein Fresko zum Neuen Jerusalem für die Ruprechtskirche gestaltet hatte.
Die Fresken von Thörl wurden 1886 neu entdeckt und unter Berthold Winder (1833-1888) zusammen mit Theophil Melicher (1860-1926) freigelegt und in einem pastellfarbenen Ton restauriert. Die Komposition an der Ostwand des Triumphbogens ist traditionell: Links Jerusalem, Mitte Christus, darunter Auferstehung, rechts Hölle. So gut wie jeder, der im Mittelalter diese Konzeption sah, kannte solches bereits von anderen Kirchen und Kapellen.
Auf der Südseite werden Auserwählte von Engeln in die Gottesstadt begleitet, auf einer unwirklichen, schnurgeraden Zugangsrampe. Die Stadt dahinter ist durch ein offenes Tor und einen Teil des Mauerzuges angedeutet. Die Architektur kann man nicht als gotisch bezeichnen, es sind zeitlose Bauten ohne Stilmerkmale. Über der Stadt hält ein Engel dem Betrachter ein offenes Buch entgegen, vermutlich ein Hinweis auf das versiegelte Buch des Lebens (Johannesoffenbarung Kap. 5). Während in Sankt Ruprecht der Papst noch vor Petrus steht, so ist in Thörl Petrus zum Papst geworden und trägt die Tiara. Die Tür hinter ihm steht offen und ihr Flügel ragt realistisch in den Raum, er verdeckt sogar den aufgemalten Schmuckfries am linken Rand.
Walter Frodl: Meister Thomas von Villach, Klagenfurt 1940.
Siegfried Hartwagner: Pfarrkirche St. Andrä in Thörl-Maglern, Kärnten, Thörl-Maglern 1976.
Friedrich Zauner: Das Hierarchienbild der Gotik, Stuttgart 1980.
Fatima Fetahi: Lebendes Kreuz – Himmlische Hierarchie. Die Fresken des Thomas von Villach in der St. Andrä – Kirche in Thörl, Graz 2019.