Edouard Didron (1836-1902): Historistische Himmelspforte aus St-Bénigne in Dijon (1899)

Die Zahl der Himmelspforten im Kontext der lauretanischen Litanei auf Glasfenstern wuchs vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an. Das war vor allem in Deutschland der Fall (so in der Saarregion, aber auch in Ahlen oder Bad Driburg), weniger in Frankreich, wo die Kirchen meist ältere Fenster mit diesem Motiv hatten. Doch auch hier gilt: solches Fenster waren Handwerksarbeit nach Vorlage, einzelne Glasmeister sind nur in wenigen Fällen bekannt.
Dijon als Metropole Burgunds wartet auch mit einer römisch-katholischen Kathedrale auf, St-Bénigne. Die Kirche, die bis in die Romanik zurückreicht, wandelte äußerlich vielfach ihre Gestalt.


Die südliche Chorkapelle neben der Sakristei hat drei Fensteröffnungen, die nach Süden, Südosten und Osten zeigen. Die letzten beiden Segmente nach Nordost und Norden haben keine Fensteröffnung, sondern grenzen unmittelbar an das Gemäuer des Vorchors aus dem 13. Jahrhundert. Um aber ein harmonisches Ganzes herzustellen, verknüpfte man farblich und motivische Wandmalereien mit drei entsprechenden Fenstern. Da die Kirche viele ihrer Fenster in den Revolutionsjahren verloren hatte, wurden stückweise über das 19. Jahrhundert hinweg hochwertige Buntglasfenster eingesetzt. Als eine der letzten Reparaturen wurden 1899 die Fenster des südlichen Chors in der Pariser Werkstatt von Edouard Didron (1836-1902) entworfen und angefertigt. Thema waren unten in den Bahnen Szenen aus dem Marienleben, und in dem Maßwerk oben Symbole Mariens nach der lauretanischen Litanei.

Das Detail, um welches es hier geht, findet man auf dem ersten Fenster rechts, ganz oben im runden Zentrum des Dreipasses. Es ist eine farbintensive Pforte mit grüner Ummauerung, violettem Verputz und knallrotem Dach. Einzigartig ist, was in ihr zu sehen ist. Wir kennen bislang Pforten, in denen ein Engel, ein oder mehrere Sterne, ein Lichtstrahl oder Christus erscheint. Hier jedoch wurde eine gesamte steile Treppe in das innere der Pforte gepackt, womit angedeutet wird, dass die Pilgerreise mit dem Durchschreiten noch (lange) nicht zu Ende ist, sondern weitere Aufgaben warten. Das wenig hoffnungsvolle Detail ist allerdings aus dem unteren Chorbereich schon auf Grund der Dunkelheit, die hier herrscht, kaum zu sehen und dürfte nur von wenigen Gläubigen verstanden worden sein. Ebenfalls kaum zu lesen ist die lateinische Beschriftung „Janua Coeli“, eine weniger gebräuchliche Alternative für „Porta Coeli“. 

Louis Chomton: Saint-Bénigne de Dijon. Les cinq basiliques, Dijon 1923.
Paroisse de Saint-Bénigne (Hrsg.): Cathédrale Saint-Bénigne de Dijon, Dijon-Quetigny 2006.
Jean-Pierre Roze: L’abbaye Saint-Bénigne de Dijon, Dijon 2014.
Jean-Pierre Roze: Saint-Bénigne de Dijon depuis la Révolution, Dijon 2016.

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tags: Historismus, Burgund, Himmelspforte, Marienkapelle
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