Siegfried Assmann (1925-2021): Altarwand in der Schenefelder Paulskirche (1962)

Ende der 1950er Jahre bis Anfang der 1960er Jahre gab es eine Tendenz, die Innenwände von Kirchen unverputzt zu lassen und die rotbraunen Ziegel sichtbar zu machen. Solches findet man überwiegend in Deutschland, was mit dem Wiederaufbau zu tun haben könnte: Ziegelsteine wurden aus Ruinen massenweise wiederverwendet, Künstler interessierten sich auf einmal für die Gestaltungsmöglichkeiten dieses Werkstoffes, der dem Wunsch nach Einfachheit dieser Jahre entsprach. Im Altarbereich von Kirchen dieser Jahre finden sich gelegentlich Reliefdarstellungen des Neuen Jerusalem, so in der Martinskirche in Hannover-Linden (1957), in der Johanneskirche in Rechtsupweg (1963) oder in der Würzburg-Zellerau (1964). In diesen Kreis fügt sich eine weitere Altarwandgestaltung ein, die Siegfried Assmann (1925-2021) im Jahr 1962 ausführte, für die damals neu erbaute evangelische Paulskirche Schenefeld bei Pinneberg. Der Glasmaler und Bildhauer war hier für die gesamte künstlerische Innenausgestaltung zuständig, was auch Buntglasfenster und das Altargerät aus Bronze umfasste.

Die Herausforderung bei der Altarwand bestand darin, ohne farbliche Akzentuierung allein mit wenigen groben Handstrichziegeln einen figürlichen Eindruck hervorzurufen, unterstützt durch den Schattenwurf des Seitenfensters an der linken Altarseite. Assmann entschied sich dafür, alleine die Tore der Stadt darzustellen – dies bietet sich bei den rechteckigen Steinen auch eher an als Edelsteine, Perlen, Engel oder ähnlich Kleinteiliges. Bei der Form wählte der Künstler nicht die traditionelle Form Quadrat oder Kreis, sondern er setzte fünf Tore in zwei Reihen aneinander, wobei dann an den Seiten jeweils ein weiteres Tor den Abschluss bildet. Im Prinzip ist es eine Übertragung des Glasfensters aus der Lübecker Gertrud-Kirche in Stein, die ja ebenfalls 1962 ausgeführt würde. In Schenefeld wurden vier der Tore durch einen Dreiecksgiebel akzentuiert, die dadurch – zufällig oder bewusst? – die Umrissform der vollständigen Altarwand nachzeichnen. Die Stadtmauer zwischen den Toren ist durch etwas dunklere Steine als auf der übrigen Wandfläche angedeutet. Viele weitere Tore und Bauten, etwas stärker profiliert, finden sich im unteren Bereich, wo sie das historische Jerusalem vor einer Golgathaszene darstellen. 

Siegfried Assmann: 1951-1981, Stuttgart (1988).
Joachim Wergin: Über den Bildhauer Siegfried Assmann, in: Jahrbuch für den Kreis Stormarn 2016, Großhansdorf 2015, S. 195-202. 

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tags: Siegfried Assmann, Schleswig-Holstein, Ziegel, Backstein, Altarwand, Nachkriegskunst
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