Heribert Krotter (geb. 1941): „Das Himmlische Jerusalem“ (2004)

Heribert Krotters Kunstwerk „Das Himmlische Jerusalem I“ hat eine Größe von 90 x 90 Zentimeter. Entstanden ist die Arbeit 2004. Bereits der erste Eindruck ist ungewöhnlich: Entgegen dem Titel erinnert auf dem Bild selbst nichts an ein Himmlisches Jerusalem: Weder Stadtmauern, Tore, Christus oder Engel sind zu sehen. Vielmehr ähneln die grau-blauweißen Strukturen auf grünem, hölzernem Untergrund an moderne elektrische Schaltkreise. Tatsächlich handelt es sich bei genauerem Hinsehen um Platinen, also um Leiterplatten als Trägerelement für elektrische Bauteile. Damit griff Krotter eine Darstellungsweise auf, die im Kontext mit dem Neuen Jerusalem in den 1960er Jahren beliebt gewesen war, ich erinnere an Glasarbeiten von Hubert Janning (1966), Manfred Espeter (1967) oder Franz Pauli (1968). Bei Krotter ist das Material jedoch nicht Glas, sondern es sind echte Schaltkreise auf hölzernen Untergrund montiert. Auf den ersten Blick erscheint es zwar als Malerei, es ist jedoch eine Collage mit Anklängen an das Ready-made oder Objet trouvé.
Bei Krotter sind einige der Platinen mit dem Datum 12. März 2003 versehen. Kurz nach Herstellung fanden sie in dem Kunstwerk Verwendung. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich diese Schaltkreise nie in einem elektrischen Gerät befanden, sondern gleich nach der Herstellung von Krotter erworben oder gefunden wurden. Sie alle entstammen übrigens der Firma Aschenbrenner GmbH, einem mittelständischen Stahlbau- und Maschinenunternehmen aus Hessen.

In seiner Anordnung ergibt sich für den Betrachter aus der Distanz der Eindruck einer urbanen Dichte von Straßenschluchten und Wohnblöcken. Auch vom Material her gesehen entspricht das Werk in Silber- und Goldanteilen der biblischen Schilderung der himmlischen Stadt, aber wohl eher zufällig. Der Künstler äußerte sich dazu überraschend: „Ich hab noch nie bewusst religiöse Kunst gemacht“. Irritierend ist das kleine, aufgemalte Quadrat aus blauen und weißen Streifen in der Bildmitte – ist dies das eigentliche Neue Jerusalem? Heribert Krotter (geb. 1941) lebt und arbeitet als Kunsterzieher im oberpfälzischen Burglengenfeld. Sein Kunstwerk „Das Himmlische Jerusalem I“ wurde vom Diözesanmuseum Regensburg angekauft und 2006 im Rahmen der Vernissage „Im Anfang war der Punkt – Schöpferische Blickpunkte von Heribert Krotter“ ausgestellt. Damals sorgte ein fast identisches Werk mit dem Titel „Das Himmlische Jerusalem II“ für Verwirrung, welches nach der Ausstellung an den Künstler zurück gegeben wurde (gleiche Größe, andere Anordnung der Platinen, deutlichere Betonung der quadratischen Mitte). „Das Himmlische Jerusalem I“ war dagegen 2011 in der römisch-katholischen Kirche St. Nikolaus in Winzer und 2016 in der Kapelle der Katholischen Hochschulgemeinde in Regensburg öffentlich ausgestellt und wurde daher in den Medien stärker rezipiert. Inzwischen hängt es als Leihgabe des Diözesanmuseums in einer kirchlichen Behörde direkt dem Diözesanmuseum gegenüber.

Heribert Krotter. Oberpfalzer Künstlerhaus Schwandorf – Fronberg. 11. November – 16. Dezember 2007, Schwandorf 2007. 

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tags: Schaltkreis, Collage, Ready-made, Objet trouvé
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