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Ehem. Fenster aus der Liebfrauenkirche in Goch (1983)

Im niederrheinischen Goch stand einst die römisch-katholische Kirche Liebfrauen. Die Umstände ihrer Profanierung besiegelten auch das Ende ihrer Glasmalereien, die in Teilen nicht mehr auffindbar sind. Von ungeklärten Umständen spreche ich deswegen, weil weder Gemeindemitglieder noch ein Besuch vor Ort klären konnten, was aus aus den Glasbildern letztlich wurde. Über den Prozess der Profanierung ist man relativ gut unterrichtet, da sie gegen den Willen der Gemeinde vor Ort vollzogen wurde und in den Medien stärker beachtet wurde, als viele stille Profanierungen kleiner Kirchen in anonymen Wohnsiedlungen oder auf dem Lande. In einer zukünftigen Geschichte der Profanierungen wird St. Liebfrauen nochmals eine bedeutende, dann aber wirklich letzte Rolle spielen.
Die für den Ort erstaunlich große Kirche wurde voller Optimismus 1933 geweiht. Gut zehn Jahre später vernichteten Fliegerbomben komplett die Erstverglasung, über deren Künstler und Motive nichts bekannt ist. Nach dem Krieg erfolgte ein vereinfachter Wiederaufbau mit einer Notverglasung ohne Motiven. Dies wurde anders, als 1980 die Kirche umfassend renoviert wurde. 1983 (nicht in den 1960er Jahren) wurden Dank einer Großspende und Sammlungen in der Gemeinde neue Glasfenster möglich, die die Spender in dem Glauben finanzierten, ihr Geld für eine langfristige Investition gegeben zu haben. Damit wurden die Rundbogenfenster im Seitenschiff und in den Räumen darunter erneuert, was insofern erstaunt, da man direkt aus dem Schiff diese relativ kleinen Fenster (140 Zentimeter Höhe) zum Teil gar nicht oder nur aus großer Entfernung erkennen konnte. Es entstand eine „bunte Mischung“ an Themen, wie die Paradiesvertreibung, eine Taube, Engel und immer wieder Bildthemen aus der Apokalypse.
Die Arbeiten waren von der Glaserei Josef Menke, ansässig in Goch, ausgeführt worden. Wer dort konkret daran beteiligt war, ist nicht bekannt. Zeitgleich setzte man in der Krypta Fenster von Joachim Klos ein, einem der besten Glaskünstler jener Jahre. Im Gegensatz zu den Arbeiten von Klos waren die aus der Firma Menke farbintensiver und zeigen Gegenständliches. Beim Himmlischen Jerusalem etwa waren alle zwölf Stadttore in die Mauern eingezeichnet, vier Türme zeigten mit gelben und roten Farben zahlreiche Edelsteine an. Über der Stadt thronte einst ein übergroßes Lamm, in dessen Gestalt eine feine Binnenzeichnung des Fells, der Augen u.a. eingearbeitet war.

2009 erfolgte die Profanierung durch Beschluss des Bistums Münster. Einige sakralen Kunstwerke haben in den zwei anderen Gocher Kirchen eine Heimat gefunden, die 1993 gerade erst eingebaute Orgel wurde nach Herten-Langenbochum verkauft, selbstverständlich nicht die Glasfenster.
Als ich 2022 die Kirche innen wie außen unter schwierigen Bedingungen (Corona plus Einsturzgefährdung) dokumentierte, war das Jerusalemsfenster und andere bereits nicht mehr vorhanden. Im Bereich der Räume unter dem Obergaden waren jetzt Notunterkünfte für Flüchtlinge eingebaut, die Fensteröffnungen zum Teil mit Sperrholzplatten vernagelt, zum Teil mit Textilien provisorisch isoliert. Spuren der Glasfenster, von denen ich mir doch noch Näheres über Künstler/Künstlerin und die Entstehungszeit erhoffte, fand ich in dem inzwischen ruinösen und ungepflegten Bau leider nicht mehr. 

75 Jahre Liebfrauenkirche Goch: zum 75-jährigen Weihejubiläum am 30. April 2008, Goch 2008.

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tags: Niederrhein, Profanierung, Vandalismus, Lamm
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