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Bernardino Poccetti (1548-1612): San Pietro in Pontignano (1596)

Bernardino Poccetti (auch Barbatelli oder Bernardino delle Grottesche, delle Facciate oder einfach delle Muse genannt) war ein italienischer manieristischer Maler und Radierer. Er stand zeitlebens im Austausch mit Meistern wie Santi di Tito, Domenico Cresti (Il Passignano), Lodovico Cigoli, Michele Tosini, Jacopo Chimenti da Empoli und Andrea Boscoli, mit denen er viele Werke (s.u.) gemeinsam ausführte. 1548 in Florenz geboren, wurde Poccetti zunächst als Fassaden- und Deckendekorateur ausgebildet. Er trat 1570 für diesen Arbeitsbereich in die Florentiner Malergilde, die Accademia delle Arti del Disegno (Akademie der Zeichenkünste) ein. Dort arbeitete er zunächst im Betrieb von Michele Tosini und beteiligte sich in den 1580er Jahren an der Dekoration des Chiostro Grande von Santa Maria Novella. Von 1583 bis 1585 half Poccetti bei der Ausschmückung der Fresken für den Palazzo Capponi. Er fertigte auch Fresken in San Pier Maggiore in San Pierino an. Beides wurde positiv aufgenommen und machte aus dem Künstler einen begehrten Freskenmaler in Florenz und Umgebung. In den Jahren 1592/93 arbeitete er an Fresken in der Certosa di Galluzzo, und für die Annunziata malte er Szenen aus dem Leben des Gründers des Servitenklosters, für San Marco malte er Szenen aus dem Leben des Heiligen Antonius (Fresko). Sein Hauptwerk waren dann Freskenszenen aus dem Leben von Cosimo I. als Dekoration für den großen Salon des Pitti-Palastes und die Ausmalungen in der Cappella del Giglio (Cappella Neri, 1599) in Santa Maria Maddalena dei Pazzi. Zu seinem Spätwerk bis zu seinem Tod 1612 gehört die Malerei im Palazzo Usimbardi (heute Palazzo Acciaiuoli, 1603), dann der Kreuzgang von Sant’Antonino in San Marco (1602) und das Gemälde „Massaker der Unschuldigen“ im Ospedale degli Innocenti (1610).

1590 wurde Bernardino Poccetti damit betraut, im Kloster von Pontignano bei Siena Freskenmalereien in der dortigen Kartause San Pietro auszuführen. Poccetti hatte sich zuvor durch Mitarbeit in anderen Kartäuserklöstern in der Toskana qualifiziert. Hier entwarf er ein umfangreiches Bildprogramm über drei Deckenfelder hinweg. Die Ausführung besorgten mehrere seiner Assistenten bis 1596. Unter anderem wurden auf die Gurtbögen zwischen den Feldern verschiedene Symbole der Lauretanischen Litanei gesetzt. Eine derartige Malerei war damals beliebt, man kann sie vergleichen mit der Ausstattung der Gebrüder Nuvolone für die Kirche von Savognin kurz zuvor, 1681. Motivisch ähnelt sie auch einer späteren Arbeit, den Deckenverzierungen der römischen Kirche Santa Maria dei Monti (auch Chiesa della Madonna dei Monti). Um nicht von den hauptsächlichen Malereien in den Feldern abzulenken, wurden die Motive in Pontignano relativ einfach dargestellt. Schon der eigenartige Hintergrund von goldenen Strichen auf schwarzem Grund birgt Ruhe und Konzentration. Die Motive selbst sind dann eigentlich Grisaillen. Drei Motive verweisen auf das Himmlische Jerusalem: die Porta Clausa, die Porta Coeli und die Civitas Dei, in einer typischen Renaissance-Formensprache. Im Gegensatz zu anderen Malereien wurden die lateinischen Bezeichnungen hier weggelassen, offensichtlich war das Thema so verbreitet, dass sich erklärende Beschriftungen erübrigten, oder sie der Höhe wegen ohnehin nicht lesbar gewesen wären.

Douglas Dow: Bernardino Poccetti and the art of religious painting at the end of the Florentine Renaissance, Amsterdam 2023.

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tags: Deckenmalerei, Manierismus, Italien, Toskana, Porta Coeli, Porta Clausa, Civitas Dei, Frührenaissance
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