
Über die 310 Blätter dieser Handschrift sind fünf farbige Miniaturen verteilt. Auf fol. 310 endet das Werk. Die drei letzten Seiten waren ursprünglich frei von Text und Bild. Ein Leser hat auf diesen Seiten seine endzeitlichen Spekulationen zusammen mit drei Skizzen verewigt. Eine graphologische Beurteilung ergab, dass es sich zwar um eine andere als die erste Handschrift handelt, die jedoch aus der gleichen Zeit stammt. Möglicherweise sind es Notizen des ersten Besitzers, der diese Ausgabe von „Izmaragd“ in Auftrag gab. Der „Izmaragd“ (russisch: Измарагд, aus dem Altgriechischen: σμάραγδος, romanisiert: smáragdos, wörtlich „Smaragd“) ist ein altostslawisches moralisches Sammelwerk, das in einer Reihe von Manuskriptkopien erhalten ist. In Kodexform verfasst, stammt die früheste schriftliche Abschrift aus dem 14. Jahrhundert. Je nach Version enthält es 90 bis 250 Artikel, meist aus dem Griechischen übersetzt und an die Kultur und den Kontext von Russland angepasst. Die in der Arbeit abgedeckten Themen sind vielfältig: Bücherverehrung, christliche Tugenden, Sünden, gute und weniger gute Ehefrauen, Erziehung der Kinder sowie Haushaltsführung. Der „Izmaragd“ war in der russisch-orthodoxen Kirche bis Ende des 17. Jahrhunderts weit verbreitet, in einigen altgläubigen Gemeinden noch bis in das 20. Jahrhundert.
Endzeitliche Spekulationen, Zeitberechungen und Tempelforschungen, die man in dem Werk ebenfalls finden kann, waren eine Leidenschaft in religiösen Kreisen vor allem des 16. und 17. Jahrhunderts. Bei diesem Beispiel hat der unbekannte Spekulant seine Ideen in zwei Handzeichnungen realisiert, die auf fol. 309 übereinander gesetzt sind. Sie zeigen ein Neues Jerusalem, umgeben von sieben menschlichen Halbfiguren, die die Ältesten oder Apostel repräsentieren. Auch die Edelsteine sind namentlich handschriftlich um die Stadt verzeichnet. Bei der zweiten Illustration fehlen unten die Schrift wie die Halbfiguren, sie ist vermutlich unvollständig. Vorhanden sind jedoch die zwölf Tore, die als einfache Markierungen den Schutzkreis durchbrechen, der das eigentliche Quadrat der Stadt umschließt.
Die eigenwillige Handzeichnung in diesem Band ist heute Teil der Teil der Sammlung handgeschriebener Bücher von E. E. Egorova in der Russischen Staatsbibliothek zu Moskau, dort Signatur F.98 Nr. 805.
V. A. Âkovlev: K literaturnoj istorìi drevne-russkih sbornikov. Opyt isslědovanìâ Izmaragda, Odessa 1893.
Marina Čistâkova: O perevodah Izmaragda na rus’ku movu, in: Poznańskie Studia Slawistyczne, 14 2018, S. 21-35.
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