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Michael Wolgemut (1434-1519): Torszene eines Jüngsten Gerichts (um 1490)

Dieses kleine Detail aus einer Darstellung des Jüngsten Gerichts gehört zu einer insgesamt 195 x 106 Zentimeter großen Tafelmalerei auf Nadelholz, die auf etwa 1490 datiert ist. Ursprünglich hing sie in der Ratsstube des Nürnberger Rathauses, wo es Richter und Angeklagte zu korrektem und erwünschtem Verhalten ermahnen sollte. Es gehört mit einem Gerichtsbild aus dem Rathaus von Köln und einem solchen aus Diest zu den ältesten Werken dieser Gattung im deutschen Sprachraum. Es ist heute Teil der ständigen Hängung des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg (Gm 520, Leihgabe der Stadt Nürnberg). Da diese Arbeit sich einst im kommunalen Besitz eines der wenigen Bauten befand, die den Zweiten Weltkrieg überstanden haben, könnte es wieder an seinen Ursprungsort zurückkehren.
Die Tafelmalerei soll auch in Nürnberg entstanden sein, nämlich in der Werkstatt des Michael Wolgemut (1434-1519). Da der Meister um 1490 bereits alt und kränklich war, ist davon auszugehen, dass an dem Werk Schüler und Gehilfen maßgeblich beteiligt waren.
Der Ausschnitt zeigt unter einem tiefblauem Wolkenband Petrus, wie er einer Handvoll Geretteten die Himmelspforte öffnet. Er wird rechts von einem Engel unterstützt, bei dem konkret die Mitarbeit Wolgemuts vermutet wird. Die Tür und der Türrahmen sind in gelber Farbe schmucklos und höchst einfach gehalten, nichts verweist auf die Schönheit und Pracht des Himmlischen Jerusalem, auch aus dem schmalen Spalt der Türöffnung dringt kein Licht. Der untere Wolkenfries wird übrigens oben wieder aufgenommen, womit diese Szene einen eigenen himmlischen Bereich markiert. Wolgemut, bzw. sein(e) Schüler, haben hier gegenüber den gotischen Vorläufern zwei Dinge geändert: Petrus und der Engel sind hier nicht mehr größer als die geretteten Menschen dargestellt. Der Engel ist sogar etwas kleiner als die Figur hinter ihm. Dann wurde auch darauf verzichtet, die Personen den mittelalterlichen Ständen zuzuordnen – die Menschen unterscheiden sich nicht mehr im Beruf, sondern allein durch Geschlecht, Alter und Haarfarbe.

Gerhard Betz: Der Nürnberger Maler Michael Wolgemut (1434-1519) und seine Werkstatt, Freiburg im Breisgau 1955.
Christine Lukatis: Das Weltgerichtsretabel Stefan Lochners und Rogier von der Weydens. Eine Studie zur Ikonographie und Erzählstruktur, Berlin 1994.
Gisela Goldberg, Bruno Heimber, Martin Schawe: Albrecht Dürer. Die Gemälde der Alten Pinakothek, München 1998.

 

tags: Nürnberg, Mittelfranken, Michael Wolgemut, Petrus, Torszene, Spätgotik, Mittelalter, Himmelspforte
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