Die römisch-katholische Kathedrale Saint-Étienne im lothringischen Metz ist etappenweise in den Jahren 1220 bis 1520 errichtet worden. Der Bau gilt als eines der schönsten und größten gotischen Kirchenbauwerke in Frankreich, er ist ein nationales Kulturdenkmal ersten Ranges.
Eines seiner Höhepunkte, neben den Fenstern, ist das Tympanon über dem Eingang an der Westfassade. Es zeigt außen Gott auf dem Richterthron, umgeben von Heiligen, ähnlich wie an den Kathedralen von Paris, Bourges und Amiens.
Im unteren Bereich werden die Toten in einzelnen Arkaden erweckt und zum Jüngsten Gericht gerufen. Die Verdammten verschwinden rechts in einem Höllenschlund. Die Geretteten dürfen links durch die Himmelspforte in das Himmlische Jerusalem eintreten.
Es sind fünf Männer und Frauen, Adelige und Geistliche in prächtigen Gewändern, die geduldig in einer Reihe anstehen, bis sie von Petrus in das Neue Jerusalem gelassen werden. Dieses ist als einfache gotische Pforte links außen modelliert.
Das neugotische Ostportal im Stil der Champagne-Schule wurde unter Leitung des Architekten Paul Tornow (1848-1921) durch das Bildhauerteam um Auguste Dujardin angefertigt. Nachweislich vervollständigte man den Bau um eine Gerichtspforte, die schon im 13. Jahrhundert vorgesehen war, aber aus verschiedenen Gründen zunächst nicht umgesetzt wurde. 1903 wurde die neue Pforte, zeitweise der Haupteingang in die Kirche, unter Anwesenheit von Kaiser Wilhelm II. 1903 feierlich eingeweiht. Der Kaiser, selbst durchaus kunstinteressiert, versuchte mit solchen und anderen Bau- und Kunstprojekten das Mittelalter als deutsche Glanzperiode zu glorifizieren; die Größe und der Einfluss des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wurden für die eigenen Besitzansprüche herangezogen. Das war keine deutsche Besonderheit, sondern ebenso beriefen sich damals die Franzosen oder die Engländer auf eine „glorreiche Vergangenheit“, an die man baulich anzuknüpfen versuchte.
Pierre-Édouard Wagner: Cathédrale Saint-Étienne, Metz, Paris 2013.
Alain Hilbold u.a.: Paul Tornow, Architekt, & Auguste Dujardin, Bildhauer, Saarbrücken 2011.
Claus Bernet: Denkmalschutz, Denkmalpflege und UNESCO-Weltkulturerbe, Norderstedt 2020 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 47).