Die Sankt-Marien-Kirche (kurz Marienkirche, dänisch: Vor Frue Kirke) ist eine der evangelischen Hauptkirchen der Stadt Flensburg. Im Inneren haben sich an verschiedenen Stellen Reste gotischer Gewölbemalereien erhalten. Neben Szenen aus dem Leben Mariens, Grotesktänzern, Ritter in Rüstungen und außerbiblischen Geschichten findet man auch ein Himmlisches Jerusalem im Rahmen eines Weltgerichts. Zusammen mit der Heilig-Geist-Kirche (um 1400) und der Johanniskirche (1515-1525) ist es das dritte mittelalterliche Fresko mit diesem Motiv, welches sich in Flensburgs Innenstadt erhalten hat. Anscheinend gab es in dieser Stadt eine gewisse Konkurrenz um dieses Thema, oder anderswo waren sie ebenfalls in dieser Häufigkeit vorzufinden, sind aber durch Übertünchungen und Kriege verloren gegangen.
Positioniert ist das Weltgericht in der Marienkirche am Gewölbe über dem monumentalen Hochaltar, welcher die Malereien fast verdeckt. Man findet dort Christus als Weltenrichter auf einem Regenbogen sowie rechts Johannes den Täufer, der seinen Platz oberhalb des geöffneten Höllenrachens hat. Nach links gehen aus Christi Mund drei Lilien als Zeichen der Vergebung hervor, und auf dieser Seite befindet sich auch das Himmlische Jerusalem. Die Stadtdarstellung ist ganz in die Ecke gesetzt. Sie besteht aus einem massiven, kompakten Turm mit mehreren Dachgauben und einem seitlichen Eingang. Teile der Architektur sind von der gewaltigen Marienfigur verdeckt, die für die gerade aus den Gräbern Auferstandenen bittet.
Datiert wird die Malerei auf das Ende des 15. Jahrhunderts. Damals gehörte die Stadt zum dänischen Süderjütland und wurde auch kirchenrechtlich von Dänemark aus betreut. Von daher darf man die Maler im skandinavischen Raum vermuten, der ja im 15. Jahrhundert eine reiche Tradition der Freskenmalerei hatte und wo es zahlreiche Kirchen mit einer Weltgerichtsdarstellung gab. Allerdings sind wesentliche Informationen zur Malerei in der Marienkirche, wie Auftraggeber und Entstehungshintergrund, heute nicht mehr bekannt.
Ein Rundgang durch die St. Marienkirche zu Flensburg, o.O. 1956.
Udo Gräve: St. Marien, Flensburg, Regensburg 1993 (2).