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Josef Pillhofer (1921-2010): Plastik an der Pfarrkirche Wien-Liesing (1955)

Die Moderne bringt immer wieder Werke von überraschender Reduktion und Schlichtheit hervor. So wurde in Wien eine Himmelspforte durch lediglich drei Balken ohne jeden Schmuck, Verzierung oder Details dargestellt. Dennoch gelang es hier anzudeuten, dass diese Pforte offen zu stehen scheint. Man findet die Arbeit an der Außenfassade der römisch-katholischen Pfarrkirche Liesing im gleichnamigen 23. Wiener Gemeindebezirk, die in den Jahren 1953 bis 1955 nach Plänen von Robert Kramreiter errichtet worden ist. Obwohl die Plastik wie eine spätere Verschönerung der 1980er Jahre wirkt, gehört sie zur Originalausstattung.

Bei der Pforte handelt es sich um ein Werk in Stein des Wiener Bildhauers Josef Pillhofer (1921-2010). Die Arbeit zählt noch zu seinem Frühwerk nach 1945 und ist gleichzeitig auch ein Hauptwerk des Künstlers. Er schreibt rückblickend: „Man mag die Ausführung als Provokation betrachten, und Anfangs gab es ja scharfen Protest. In Erinnerung blieb mir ein Gemeindemitglied, das mitteilte, wegen des Aussehens der Fassade müsse er sich schämen und könne das Gotteshaus nicht betreten. Vielleicht sind die Symbole ja wirklich eine Provokation, ein Ruf nach Gottes Wirken in unserer Welt, nach Klarheit, Proportion und Konzentration. (…) Die Lösung (der Symbole) zeigt höchstmögliche Abstraktion und eine Klarheit der Form wie ägyptische Hieroglyphen, wie ein Symbol, und Bilder sind im eigentlichen Sinne Symbole“. Pillhofer hat die Himmelspforte direkt über den Haupteingang der Kirche gesetzt, womit deutlich werden sollte, dass der Eingang in die Kirche auch den Zugang in das göttliche Reich nach sich ziehen kann, da nach katholischer Lehre die irdische Kirche die Vorform der künftigen ewigen Kirche ist.
Das Gebäude ist „Maria, Mutter der göttlichen Gnade“ gewidmet. Das gab den Anlass, die Symbole Mariens zur Darstellung zu bringen. Man wählte dazu die Lauretanische Litanei, und neben dieser Himmelspforte sind am Eingangsbereich noch weitere Symbole zu finden, wie etwa der Turm Davids oder der Morgenstern.

Norbert Rodt: Kirchenbauten in Wien 1945-1975, Wien 1976.
Pfarrkirche Liesing – Maria, Mutter der göttlichen Gnade und zum heiligen Servatius, Wien, um 1995.
Festschrift hundert Jahre Kirchenbauverein Liesing, 1898-1998, Wien 1998.
Peter Bogner: Pillhofer, das Ideal der Proportion, Wien 2011.

 

tags: Wien, Plastik, Nachkriegsarbeit, Porta Coeli, Bronze
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