
Diese Ikone zeigt die Geschichte von Adam und Eva in Verbindung mit dem Weltgericht. Sie stammt aus Russland. Angefertigt wurde das Kunstwerk, über dessen Entstehungshintergrund, Auftraggeber oder ausführenden Künstler wir keine gesicherten Kenntnisse besitzen, für eine russisch-orthodoxe Kirche oder ein Kloster, vermutlich am Ende des 18. Jh., etwa um 1780. Es ist noch nicht einmal bekannt, wo sich heute diese Pretiose befindet.
Die Entstehung der Welt spielt in den Tondi rechts eine Rolle, während an der linken Seite unten das Paradies und oben das Himmlische Jerusalem dargestellt ist. Im Vergleich zu vielen anderen russischen Ikonen ist die Präsentation relativ unspektakulär, geradezu zurückhaltend. Von einer prächtigen Stadt, die Tausende von Menschen aufnehmen soll, aus Gold und Edelsteinen gefertigt ist, ist nichts zu sehen. Lediglich einige dürre rotfarbene Streben mit weißen Zierleisten bilden fünf Arkaden, wobei die zwei unteren Arkaden etwa doppelt so groß wie die obigen drei sind. In ihnen sitzen jeweils zwei bis drei Heilige, die zum Ewigen Abendmahl versammelt sind. Vor ihnen befindet sich bereits ein langer weißer Tisch, auf dem aber noch Brot und Wein fehlen. Mauerteile sind ebenso wenig zu sehen wie eine Zugangspforte, sondern die von unten kommenden Engel und die Wolken stoßen unmittelbar an die Arkaden. Der Hintergrund der Arkaden ist übrigens ein Türkis, wie überhaupt die gesamte Ikone auf kräftigem Rot und Türkis aufbaut, wie es gegen Ende des 18. Jahrhundert eine Mode war, die wir auch von anderen zeitgleich entstandenen Ikonen aus Kostroma, Moskau aber auch dem Baltikum her kennen.
Claus Bernet: Ikonen des Weltgerichts, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 37).