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Russische Weltgerichts-Ikone aus Jaroslawl (um 1660)

Eine Weltgerichts-Ikone mit einem besonders vielgestaltigem und farbig differenziertem Himmlischen Jerusalem befindet sich seit 1990 im Recklinghausener Ikonen-Museum (Inventarnummer 918). Die Ikone aus einer orthodoxen Kirche der zentralrussischen Großstadt Jaroslawl entstand um etwa 1660. Sie hat insgesamt eine Größe von 182 x 144 Zentimeter und besteht aus Eitempera auf Holz. Gezeigt wird hier ein Ausschnitt von oben links (Detail 48 x 44 Zentimeter): Unten hat der Heilige Petrus eine frühbarocke Himmelspforte geöffnet, deren Pfeiler noch Merkmale der Renaissance aufweisen. Oben blicken zahlreiche Heilige, in unterschiedlicher Gruppengröße, aus Fenstern des Himmlischen Jerusalem. Sie befinden sich in zehn voneinander abgetrennten, fast rechtwinkligen Arkadenbögen, auf zwei Stockwerke verteilt. In Form, Farbe und Architektur ist jede Arkade individuell gestaltet, so dass ein heterogener, bewegter Eindruck entsteht. In den folgenden Jahrhunderten sollte diese Darstellungsform auf russischen Ikonen für das Neue Jerusalem bevorzugt gewählt werden, vor allem im 18. und 19. Jahrhundert. Sie bildet einen festen Bestandteil der Jaroslawl-Malschule, die noch zahlreiche Weltgerichte hervorbringen sollte, sogar auf Fresken. Umgeben ist das Ganze unten von einem weißen Wolkenband, was nochmals das Himmlische der Erscheinung betont und diesen Bereich von den übrigen des Bildes abtrennt. Über dieses Band (links der Pforte) sind ausgewählte Heilige gesetzt, die alle namentlich zugewiesen werden können. Neben ihnen ist links eine besonders prachtvolle Renaissance-Himmelspforte eingesetzt.

Eva Haustein-Bartsch: Das Jüngste Gericht, eine Ikone im Ikonen-Museum Recklinghausen, Recklinghausen 1994.
Bernhard Bornheim: Ikonen. Russische Feinmalerei zwischen Orient und Okzident, Augsburg 1998.
Eva Haustein-Bartsch: 50 Jahre Ikonen-Museum Recklinghausen, Bielefeld 2006.
Eva Haustein-Bartsch: Icons, Köln 2008.

 

tags: Russland, Arkaden, Ikonenmuseum Recklinghausen. Pforte, Weltgericht, Renaissance
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