
Vom 18. bis zum 19. Jahrhundert war es populär, auf russischen Ikonen das Neue Jerusalem in Form mehrerer Arkaden darzustellen. Diese Arkaden ziehen sich am oberen Bildabschluss von links nach rechts. Oft, wie auch im vorliegenden Falle, sind die Arkaden an der linken Seite mehrstöckig. An der rechten Seite werden die Pfeiler stärker, so dass der Eindruck von Räumlichkeit entsteht. Diese Weltgerichtsikone stammt ursprünglich vermutlich aus Russland und ist seit Mai 2010, als sie auf einer Auktion von Sotheby’s ersteigert wurde, Bestandteil der Sammlungen des US-amerikanischen Ikonenmusums in Clinton (Inventarnummer R2010.35). Die insgesamt 51 x 41 cm große Temperamalerei zeigt am oberen Rand ein Neues Jerusalem, welches sich als Band von Arkaden, in denen sich Heilige aufhalten, entlangzieht. Meist sind es Zweier- oder Dreiergruppen; zwei der Arkaden sind sogar gänzlich mit Heiligen ausgefüllt, eine andere hingegen leer geblieben.
Aufgrund von Stilvergleichen kann das Entstehungszeit dieser Ikone auf etwa 1820 eingegrenzt werden. Die Arkaden sind, im Vergleich zum vorherigen Beispiel, schmaler und gerade gesetzt. Die Figuren sind nicht länger überwiegend weiß gekleidet, sondern tragen prächtige Gewänder. Der Engel mit dem Speer (rechts, direkt unter der Arkade mit dem breiten Pfeiler) ist jetzt in eine Mandorla gesetzt. Dieses Arkadenjerusalem entstand als Temperamalerei vermutlich in einem orthodoxen Kloster und gelangte im 20. Jahrhundert in einer Privatsammlung. 2015 wurde das Kunstwerk in den USA versteigert.
Diese Ikone stammt aus dem 19. Jahrhundert aus Russland. Sie ist insgesamt 64 x 53 cm groß, wobei sich das Himmlische Jerusalem ebenfalls über den gesamten obersten horizontalen Bildstreifen zieht. In zweistöckigen Arkadenreihen haben sich zahlreiche, ausschließlich männliche Heilige eingereiht. Ein Engel rechts sorgt mit einem Speer dafür, dass sich nicht noch weitere Personen Zugang in das Neue Jerusalem verschaffen. Die ausgewogene Arbeit in Eitempera auf Holz konnte zeitweise in einer Ausstellung des Ikonenmuseums in Frankfurt am Main bewundert werden, ist aber ansonsten in einer Privatsammlung befindlich.
Eva Haustein-Bartsch, Thomas Daiber: Das Jüngste Gericht, Recklinghausen 1994.
Richard Zacharuk: Ikonen, Ikonen-Museum Frankfurt a. M. Icons, Icon Museum Frankfurt a. M., Tübingen 2005.
In einer vierten Arbeit wird nochmals das Himmlische Jerusalem als Reihung von Arkaden dargestellt. Auch dieses Werk auf Temperabasis entstand im 19. Jahrhundert in Russland, ist heute aber Teil einer Privatsammlung in Italien. Damit zeigt sich: dieser Ikonen-Typus ist zwar in Russland entstanden, aber alle drei sich erhaltenen Beispiele sind inzwischen ins Westliche Ausland abgewandert. Viel wird über die Ungerechtigkeiten des Kolonialismus gesprochen, im Gegensatz zum kulturellen Ausverkauf russischer Ikonen.
Auf das Ende des 19. Jahrhunderts, um 1890, wird diese Weltgerichtsikone datiert. Sie zeichnet sich durch außerordentliche Feinheit und Klarheit aus, spielerische Elemente sind zurückgenommen. So sind die Arkaden kaum mit Schmuckwerk ausgestattet, und der Tondo mit Christus und Gottvater ist hier lediglich angedeutet. Beruhigend wirkt auch die einheitliche rosane Farbe der acht Arkaden. Die kleine Arbeit der Maße 72 x 58 Zentimeter, von der hier ein oberer Ausschnitt wiedergegeben ist, soll in Russland entstanden sein. Gut einhundert Jahre später stand das Werk bei einem polnischen Kunsthändler zum Verkauf an.
Diese letzte russische Weltgerichtsdarstellungen entstand um 1990 und gehört zu einer Privatsammlung aus Israel. Sie zeigt die typischen Merkmale eines Arkadenjerusalem in hellen, fast grellen Farben, wie es Ende des 20. Jahrhunderts eine Modeerscheinung der Ikonenmalerei war. Die Pfeiler, die wir schon in rot, grau und rosa kennen, sind hier einheitlich braun. Besonders ausgeschmückt sind sie nicht, wie überhaupt diese Arbeit eine Tendenz zur Vereinfachung besitzt und sich auf die wesentlichen Bildelemente konzentriert.