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Lincoln-Apokalypse (um 1360)

Die mittelalterliche Lincoln-Apokalypse zeigt den vor allem in England neu entwickelten und dann im 13. Jahrhundert tradierten Bildaufbau: Links, von oben, auf fol. 177v schwebt ein Engel mit dem Maßstab und weist Johannes, der noch in die „falsche“ Richtung blickt, auf die Ereignisse auf der anderen, rechten Bildseite hin. Dort wurde für die Stadtrepräsentation eine neue Ausdrucksweise gefunden, wie auch bei MS. Bodl. 401, die aus der gleichen Malwerkstatt stammt. Zunächst fällt auf, wie wenig, im Vergleich zu früheren älteren Darstellungen, an Hintergrund belassen wurde. Fast der gesamte Bildraum ist durch die Bauten des Himmlischen Jerusalem ausgefüllt. Die Stadt ist nicht mehr flächig dargestellt, sondern der Miniaturist bemühte sich um eine perspektivisch dreidimensionale Wiedergabe.

Gleiches gilt auch für fol. 179v. Es zeigt Gottvater und Christus (als Lamm in einem vergoldeten Medaillon) im Himmlischen Jerusalem, welches die beiden Figuren seitlich rahmt. Links und rechts wachsen zwei Bäume, die an Weinreben erinnern; es sind der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis nach Vorlage aus der Queen Mary Apokalypse. Dazwischen befindet sich die Öffnung, aus der das Wasser des Lebens ausströmt und diese Bäume befruchtet. Nach oben formt die Architektur einen Zinnenkranz, der mit Edelsteinapplikationen belegt ist.
Die Lincoln-Apokalypse MS. Lincoln College Lat. 16 aus dem Lincoln College der University of Oxford bietet den Apokalypsetext mit einem Kommentar des Berengaudus in anglonormannischer Sprache. Der Pergamentkodex entstand in England um 1360.

Henricus O. Coxe: Catalogus codicum MSS, 1, Oxford 1852, S. 23.
Gilles Quispel: The secret book of the Revelation. The last book of the Bible, London 1979.
Peter Lorie: Revelation: St. John, the divine’s prophecies for the Apocalypse and beyond, New York 1995.
Claus Bernet: Gotik, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 30).

 

tags: Lincoln College der University of Oxford, Gotik, Mittelalter, Lamm, England, Lebensbaum
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