Die bereits frühneuzeitlich geprägten Fresken des Kirchenschiffs von Hyllested (auf Sjælland in Dänemark), auch Nordenskirker genannt, zeigen das Himmlische Jerusalem aus der Zeit zwischen 1500 und 1520. Die Position war damals ungewöhnlich gewählt. Die Stadt findet sich nicht auf einer Kappe über dem Altarbereich, auch nicht auf dem Triumphbogen, sondern im hinteren Bereich der Kirche gegenüber dem Ein- bzw. Ausgang.

Vornehmlich beim Betreten fiel der Blick der Besucher auf das Neue Jerusalem, bis die Malereien um 1620 übertüncht wurden. Erst im Jahr 1964 wurden sie neu entdeckt und dann bis 1966 restauriert. Der Zustand ist nicht gut, viele Details sind für immer verloren gegangen; geblieben sind die Umrisszeichnungen und eine flächige Ausmalung, die den ursprünglichen Farbton großflächig nachahmt, da man die ursprünglichen Details und Binnenzeichnungen nicht kennt.
Auch in Hyllested spielt die Musik eine hervorgehobene Rolle und wird zur Engelsmusik: Auf einem geschwungenen Fundament erhebt sich eine ungewöhnlich vielgliedrige Jerusalemsarchitektur. Ganze Arkadenreihen ziehen sich über den unteren Bereich, aus denen sich Kirchen und Häuser erheben, die an hanseatische Backsteinarchitektur mit Treppengiebeln angelehnt ist.

Einige der Bauten sind mit heiligen Musikanten besetzt, die unter anderem eine Harfe und ein geigenähnliches Instrument mit sich führen, vielleicht eine frühe Viole, die zu dieser Zeit gerade in Italien erfunden wurde. Vor der Stadt steht noch eine übergroße Petrusfigur, und es sieht aus, als würde er die vor ihm Stehenden wie einen Chor dirigieren.
Darunter stehen nicht, wie auch bereits zu lesen war, die sieben Leuchter der Johannesoffenbarung, sondern es handelt sich um einen kleinen Wald stilisierter Bäume mit kantigen Ästen und einer knaufartigen Laubkrone. Die Malereien halten sich mit Besonderheiten nicht zurück, wie überhaupt die dänischen Kalkmalereien an Kuriositäten und originellen Einfällen ähnliche zeitgenössische Weltgerichtsdarstellungen aus Frankreich oder Deutschland bei weitem übertreffen. Kehren wir nochmals zum Fundament der Stadt zurück: sie steht auf einem gewaltigen Schiffsrumpf. Tatsächlich war Hyllested im Mittelalter eine Wohnstätte zahlreicher Matrosen und Hafenarbeiter von Aarhus – das fest gebaute Schiff war für sie eine nachvollziehbare Metapher für einen sichereren Ort. Auch deswegen findet man in vielen skandinavischen Kirchen ein Segelschiff aufgehängt, hier übrigens direkt vor diesem Freskendetail.
Unter dem Schiff findet man einen Esel neben einer einzelnen Figur. Es handelt sich um eine Darstellung von Ochs und Esel an der Krippe nach dem Lukasevangelium, was in Skandinavien mit dem Himmlischen Jerusalem in Beziehung gesetzt wurde: der Anfangspunkt ist die Geburt Christi auf Erden, der Endpunkt das Neue Jerusalem im Himmel.

Die Arbeiten werden den Meistern von Brarup zugeschrieben. Dabei handelt es sich um eine dänische Malerwerkstatt, die vor allem um das Jahr 1500 aktiv war. Sie nahmen ihre Vorlagen nachweislich aus Blockbüchern. Die Werkstatt führte Fresken in mehreren Kirchen auf Falster und Lolland aus und war auch an der Kirche in Brarup selbst beteiligt. Nach dem Ort wurde die Werkstatt benannt, nicht, weil diese Malerei so herausragend wäre, sondern weil man in Brarup den Sitz der Werkstatt vermutet.
Sigurd Mejndor: Kalkmalerierne i Hyllested kirke, in: Fra Randers Amt, 61, 1967, S. 22-42.
Sigurd Mejndor: Hyllested kirke og sogn, in: Historisk Årbog fra Randers Amt, 1975, S. 39-49.
Ulla Haastrup (Hrsg.): Sengotik, 1500-1536, København 1992 (Danske kalkmalerier, 6).
Stig Holsting: Hyllested kirke, o.O. (2000).



