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Bibelausgaben MS Français 152 und MS Français 155 (14. Jh.)

Bibelausgaben sind das traditionelle Medium der Apokalypsedarstellungen. Ein weiteres Beispiel dafür ist MS Français 152 aus der Französischen Nationalbibliothek (Paris). Das Werk stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde in Saint-Omer (Pas-de-Calais) aufbewahrt, bis es der Französischen Nationalbibliothek übergeben wurde. In dem vielseitigen Werk bringt erst fol. 514 eine Miniatur mit dem Himmlischen Jerusalem. Sie macht lediglich ein Zehntel der Seite aus und wurde von dem gleichen Miniaturisten angefertigt, der auch die übrigen Illustrationen zu diesem Band angefertigt hat. Der Künstler hat zwölf Engel sich um ein Objekt versammeln lassen. An den Ecken, die einen roten Hintergrund haben, heben sich die blauen Engelsflügel gut ab, an den Seiten benötigt man ein geübtes Auge. Das Objekt in der Mitte sieht zunächst wie ein Tisch aus. Diese Assoziation ist gar nicht so abwegig, denn das Himmlische Jerusalem ist der Ort des Ewigen Abendmahls. Hier ist es jedoch eine Stadt. Unter jeden Engel ist zunächst ein kleiner Torturm mit Zinnen und einer winzigen Pforte gesetzt, die durch ein umlaufendes Band, also die Stadtmauer, verbunden sind. In der Mitte sind nochmals drei gotische Tore oder Fenster zu sehen, eine höchst seltene Konzeption für das Zentrum des Neuen Jerusalem, aber nicht ganz neu, wenn man an die Burgunder Apokalypse denkt. Aus dem dritten, rechten Tor/Fenster bewegt sich auch hier ein Band nach außen; dies ist keinesfalls ein Band, auf dem die Beschriftung vergessen wurde, sondern es handelt sich um den Lebensfluss.

 

Diese Miniatur ist in abgewandelter Form ein weiteres Mal zu finden, nämlich in einem Band aus Paris von dem Mönch und Bibelübersetzer Guyart des Moulins. Dieser Band beinhaltet jetzt gleich auf vier Miniaturen die Gottesstadt (fol. 204v, zwei Abbildungen von fol. 205, sowie fol. 205v), zudem in variantenreicher Gestaltung. Es ist eine der frühen Bibelausgaben in französischer Sprache der Französischen Nationalbibliothek in Paris (MS Français 155). Von dieser Ausgabe ist die Entstehungszeit bekannt: Es war um 1320. Ob nun aber MS Français 155 älter als Français 152 ist oder umgekehrt ist, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, es gibt für beide Möglichkeiten Argumente und Gegenargumente. Während drei der Miniaturen die Stadt von außen als kleine Anlage mit einem roten Tor zeigen, ist allein fol. 205 die zentrale Präsentation des Himmlischen Jerusalem. Im Gegensatz zu den übrigen Miniaturen wurde hier der Hintergrund vergoldet. Wieder haben sich zwölf Engel versammelt. Die Stadtmitte ist hier deutlicher als Architektur zu erkennen, es sind ein halbes Dutzend Bauten mit verschiedenfarbenen Dächern. Auch der Lebensfluss ist zu finden, hier dank Farbe und Form etwas realistischer als solcher auszumachen.

152, in: Catalogue des manuscrits français, 1, Paris 1868, S. 12.
155, in: Catalogue des manuscrits français, 1, Paris 1868, S. 12.
La Bible française au Moyen Âge: étude sur les plus anciennes versions de la Bible écrites en prose de langue d’oil, Genève 1967.
Xavier-Laurent Salvador: Vérité et écriture(s), Paris 2007.

 

tags: Bibelausgabe, Gotik, Mittelalter, Französische Nationalbibliothek Paris, Engel, Lebensfluss, Guyart des Moulins
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