Diese mittelalterliche Edition ist ein Werk des Mönchs und Bibelübersetzers Guyart des Moulins (1255-1322). Er ist berühmt als Autor der ersten Bibelübersetzung ins Französische, der Bible Historiale. Dieser Band beinhaltet auf vier Miniaturen die Gottesstadt in einer doch variantenreichen Gestaltung. Er ist heute eine der frühen erhaltenen Bibelausgaben in französischer Sprache der Französischen Nationalbibliothek in Paris (MS Français 155). Von dieser Ausgabe ist die Entstehungszeit bekannt: Es war um 1320.
Fol. 204v zeigt eine kleine Miniaturstadt, die auf einem grünen Band schwebt, zwischen einer stilisierten Sonne und einem Mond. Das Band ist nicht der Lebensfluss, denn der erscheint erst rechts unten, wo er aus vier Abflussrohren hervortritt, wie es sich schon in der Queen-Mary-Apokalypse andeutete. Links gestikulieren zwei hagere Personen mit extrem langen Fingern, deren Identität nicht abschließend geklärt ist.
Es folgen zwei ähnliche Abbildungen auf fol. 205 sowie auf fol. 205v. Zunächst wird Johannes von einem Engel die Stadt links gezeigt, dann werden die beiden Figuren mit einigen Adoranten zusammengeführt. Die Stadt besteht aus einem geschlossenen roten Tor, hohen kompakten Mauern und dann gestaffelten Aufbauten. Auf fol. 205v erscheint noch das Lamm Gottes über den Dächern.
Während also drei der Miniaturen die Stadt von außen als kleine Anlage mit einem roten Tor zeigen, ist vor allem fol. 205 die zentrale Präsentation des Himmlischen Jerusalem. Sie ist insofern von Bedeutung, weil es sich um eine Vorform der entsprechenden Darstellung in der Burgunder Apokalypse (1300-1350), der Handschrift MS Français 152 und MS Add. 38118 (14. Jh.) handelt.
Im Gegensatz zu den übrigen Miniaturen wurde hier der Hintergrund komplett vergoldet. Um die Stadt haben sich zwölf Engel versammelt, ein dreizehnter Engel füllt komplett die rechte Seite. Im Inneren findet man noch nicht die drei Tore, sondern hier ist die Stadt deutlicher als Architektur zu erkennen, es sind ein halbes Dutzend Bauten mit verschiedenfarbigen Dächern. Auch der Lebensfluss ist bereits zu finden, hier dank Farbe und Form etwas realistischer als auf den folgenden Werken auszumachen.
155, in: Catalogue des manuscrits français, 1, Paris 1868, S. 12.
La Bible française au Moyen Âge. Étude sur les plus anciennes versions de la Bible écrites en prose de langue d’oil, Genève 1967.
Xavier-Laurent Salvador: Vérité et écriture(s), Paris 2007.