
Das südliche, rechts befindliche Westportal der Kathedrale Notre-Dame von Bayeux ist äußerst komplex aufgebaut, es ist eine der detailreichsten Weltgerichtsdarstellungen des Mittelalters in Stein an einem Sakralbau. Es besteht aus fünf Feldern oder Etagen, die nach unten immer länger werden. Oben befindet sich Christus als Weltenherrscher, unten steht der Teufel in einem Höllentor. Das Tympanonrelief der von oben dritten Etage zeigt das Himmlische Jerusalem in einer für Frankreich im 13. Jahrhundert typischen Repräsentationsform: Links sind mehrere Arkaden zu finden, zu dem von der rechten Seite einige Heilige streben.Trotz der Verwitterung kann man die Personen als Vertreter von mittelalterlichen Ständen identifizieren, so etwa einen Bischof oder einen König. Davon abgesetzt stand links eine weitere Figur, nämlich Petrus. Dieser Figur wurde in der Reformationszeit absichtlich der Kopf abgeschlagen und später nicht rekonstruiert. Der Arkadenbau weist dieselben gotischen Bauformen auf wie die Kathedrale von Bayeux. Die kleinen Pfeiler sind aus dem Stein herausgemeißelt, was an die Steinmetze, die an diesem Werk beteiligt waren, hohe Anforderungen stellte. Wie durch ein Wunder haben sich noch sieben der einst acht Pfeiler erhalten, auch das Maßwerk der Mikroarchitektur ist noch immer gut sichtbar. Links im Zwickel befinden sich mehrere Büsche, die einst grün gefärbt waren. Sie symbolisieren den Lebensbaum, der zwölf Früchte trägt.
Gérard Pouchain: La cathédrale de Bayeux, Condé-sur-Noireau 1984.
Julius Maria Becker: Dombaumeister Dumesnil. Die Kathedrale von Bayeux, Baden-Baden 1984 (2).
Francois Neveu, Claire Ruelle: Die Kathedrale Notre-Dame de Bayeux, Cully 2011.