Ein im Kontext, nicht in der Darstellungsweise, ungewöhnliches Himmlisches Jerusalem in Form einer Himmelspforte stammt von Lorenzo di Niccolò Gerini, einem Maler aus der Toskana, dessen Arbeiten im Stil der Frührenaissance ihn zu einem Meister des Trecento machten. Sein vielleicht eindrucksvollstes Werk hat den Titel „Der Heilige Laurentius befreit Seelen aus dem Fegefeuer“ und ist 34 x 68 Zentimeter groß. Ganz ähnlich wie auf einer Weltgerichtsdarstellung befindet sich links die „gute“ und rechts die „böse“ Seite. Nur ist hier rechts nicht die Hölle, sondern das Fegefeuer gezeigt. In diesem Feuer werden Sünder von Teufeln spiegelbildlich gequält: Was den Menschen früher Freude bereitete, ist nun ihre Folter. So muss ein Alkoholiker nun ein ganzes Fass leeren, ein Habgieriger wird mit einem Geldsack geschlagen.
Dem Fegefeuer gegenüber befindet sich eine auf seine Grundelemente reduzierte Pforte des Himmels. Der blockartige Bau ist nur mit einer Supraporte in Form eines Halbkreises geschmückt. Vorne kragt oben das Dach aus und unten ist der Pforte eine Stufe vorgesetzt. Auf dieser steht eine Person im hellen weißen Lichtkleid und tritt in das goldene Innere der Stadt. Rechts, hinter einem Marmorblock, zeigt sich ein einzelner Baum; vielleicht soll dies der Lebensbaum sein. In der Mitte befindet sich übrigens der Heilige Laurentius, der drei weitere Seelen gerettet hat, die als nächstes die Pforte durchschreiten. Das sicher in Oberitalien entstandene Werk in Tempera befindet sich heute im Brooklyn Museum von New York. Interessanterweise ist auch das Vorbild dieser Malerei in die USA ausgewandert. Es handelt sich um eine Predella von Cenni di Francesco, die sich heute im Getty Museum in Los Angeles befindet. Weshalb in beiden Fällen der Heilige, dessen Attribut eigentlich ein Rostbrett ist, hier mit dem Georgskreuz, dem Symbol des Heiligen und Märtyrers Georg gezeigt wird, ist noch eine Frage an die Forschung.
Everett Fahy: Über Lorenzo di Niccolò, in: Apollo, 108, 1978, S. 374-381.
Masterpieces in the Brooklyn Museum, New York 1988.
Claus Bernet: Große Künstler, großartige Kunst, Norderstedt 2020 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 48).