Satire und Humor wurden in England schon immer großgeschrieben. Da wundert es nicht, dass auch das Himmlische Jerusalem in solche Arbeiten mit einbezogen wurde. Das vorliegende Spottblatt aus dem Londoner British Museum (Inventarnummer J,1.133, Sammlungsnummer 1868,0808.3939) ist wie folgt überschrieben: „A Prospect of the New Jerusalem“ „Eine Ansicht des Neuen Jerusalem“.
Das Himmlische Jerusalem vertritt hier Großbritannien, welches von einem bärtigen Juden und dem Teufel mit Geldsack (rechts unten) infiltriert und umgestaltet wird, vor allem durch die „Bill“, die einer der Engländer demonstrativ hochhält. Nach dem Plan soll die anglikanische St Paul’s Cathedral (deutlich in der Stadtmitte zu sehen) in eine Synagoge umgewandelt werden. Diese Vorwürfe beziehen sich auf den Jewish Naturalization Act, der 1753 unter dem Premierminister des Vereinigten Königreichs Henry Pelham (1694-1754) erlassen wurde. Es gab vielerlei Befürchtungen und Proteste gegen dieses judenfreundliche Gesetz, und einer der Proteste hat sich hier künstlerischen Ausdruck verschafft, unter Zuhilfenahme des Antisemitismus. In dem Blatt ist Jerusalem als London zur Mitte des 18. Jahrhunderts wiedergegeben. Neben zahlreichen historischen Bauten des alten London (St. Lawrence Jewry, St Margaret’s Church, All Hallows-by-the-Tower) sticht vor allem die dominante St Paul’s Cathedral ins Auge. Der Kupferstich der Größe 35 x 25 Zentimeter soll im Jahre 1753 angefertigt worden sein. Leider hat der anonyme Spötter nicht den Mut besessen, seinen Namen unter seine antisemitische Arbeit zu setzen.
Frank Felsenstein: Anti-semitic stereotypes: A paradigm of otherness in English popular culture, Baltimore 1995.
Frank Felsenstein: Caricature, Anti-Jewish (Early), in: Richard S. Levy (Hrsg.): Antisemitism. A historical encyclopedia of prejudice and persecution, Santa Barbara 2005, S. 98-102.