Joachim Camerarius (1500-1574): „The New Testament of our Lord Iesu Christ“ (1576)
Das Emser-Testament von 1568 bzw. seine Nachfolgeausgaben beeinflussten vor allem ausländische Ausgaben, was besonders für die Holzschnitte gilt, die man in „The New Testament of our Lord Iesu Christ“ von Joachim Camerarius (1500-1574), einem humanistischen Altphilologen, finden kann. Sein Werk erschien posthum in London im Jahr 1576, wo es Christopher Barker (um 1529-1599) herausbrachte. Der Illustrator wird dabei die Vorlagen des Emser-Testaments, die auch in England verbreitet waren, gekannt haben.
Die dunkle und grob gestochene Skizze auf Seite 438 dient lediglich als Marginalzeichnung zum Bibeltext der Offenbarung des Johannes. Sie kommt in der Qualität jedoch nicht an die älteren Fassungen ab 1568 heran. Waren die Vorlagen bislang immer in der Breite doppelt so groß wie in der Länge, so haben wir nun eine quadratische Illustration. Aus Platzgründen musste daher die Johannes- und Engelsfigur von der linken Seite nach oben geschoben werden. Es war nun auch nicht mehr möglich, den Engel mit hohen Flügeln darzustellen, daher gehen diese in die Breite und machen fast ein Drittel der Länge dieser Illustration aus.
Die Stadt wurde leicht verändert: Man sieht die zwölf Stadttore, darin die Engel. Die Häuser im Inneren sind jetzt zu Gruppen oder Stadtvierteln zusammengefasst. Das war wirklich neu und sollte in Zukunft öfters zu finden sein. Weiterhin teilt der Kanal die Stadt in ihrer Mitte in zwei gleich große Bereiche, die über eine Brücke verbunden sind. Durch diesen Kanal ist es nicht möglich, den Zionsberg oder das Lamm Gottes an dieser Stelle einzufügen. Außen, an dem Fundament der Mauern, erzeugen jetzt verstärkende Mauerstützen einen wehrhaften Eindruck, man kennt es bereits von Gerhard Virendunck. Bislang wurde bei allen Emser-Drucken die Stadt leer und verlassen dargestellt, auch diese Besonderheit wurde beibehalten.
Claus Bernet, Klaus-Peter Hertzsch: Martin Luther in seiner Zeit – und das Himmlische Jerusalem, Norderstedt 2016 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 40).