Ein Klassiker der englischsprachigen Frömmigkeitsliteratur der Nachkriegszeit sind die „Bedtime Stories“, deren erster Band 1950 erschien. Herausgeber war der Adventist Arthur S. Maxwell (1896-1970), der zur Illustrierung der Serie verschiedene Grafiker heranzog, die seinem figürlich-naiven Stilempfinden entsprachen. Einer davon war der US-Amerikaner Harry Baerg (nicht zu verwechseln mit dem Kanadier Harry J. Baerg, der sich auf Tierdarstellungen spezialisiert hatte). In Band eins der „Bedtime Stories“ von 1950 findet sich auf Seite 130 (Ausschnitt oben) eine Farbzeichnung von Baerg, auf der das Himmlische Jerusalem an die Russisch-Orthodoxe Kirche in Wiesbaden (genannt „Griechische Kapelle“) erinnert. Es sind mehrere weißgelbe Kuppeln unter einem Regenbogen, umrahmt von Bäumen und Büschen. Von dieser Zeichnung erschienen später auch Varianten, auf denen die antikisierte Jesusfigur vorne rechts mit den zum Empfang weit geöffneten Armen retuschiert wurde (etwa bei „New Earth with Children“ in der Picture roll der Review and Herald Publishing von 1959).
1964 erschien dann Band 5 der „Bedtime Stories“. Er enthält erneut ein Himmlisches Jerusalem von Harry Baerg, auf Seite 190. Wie zuvor lassen sich typisch adventistische Bildelemente im Kontext des ewigen Tierfriedens finden, also der Regenbogen, der Lebensfluss, die Jesusfigur im Vordergrund (nie in der Stadt selbst) sowie verschiedene Tiere, überwiegend paarweise (Löwen, Flamingos, Pferde). Der Lebensfluss entspringt aus der Stadt im Hintergrund. Er scheint als Kaskade die Stadt zu verlassen und dann die Paradieslandschaft befruchtet.
1965 erschien bereits der elfte Band der Bedtime Stories. Die Farbillustration von Seite 81 wird Baerg zugewiesen. Wie eigentlich fast immer bei Baerg erscheint Christus als Lehrer in einer Art Toga vor dem Neuen Jerusalem. Hier steht er an einem antikisierten Geländer, welches wie ein Tor in der Mitte geöffnet ist, wodurch die Gruppe Geretteter nach vorne tritt. Die Bauten der Stadt ziehen sich ohne Mauer im Hintergrund entlang, größtenteils durch die Christusfigur verdeckt. Über ihnen erhebt sich eine eindrucksvolle Szenerie aus rhythmischen Wolken sowie schwarzen und goldgelben Strahlen.
Claus Bernet: Freikirchen, „Sekten“, Denominationen, Norderstedt 2013 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 9).
