Hans Bauer (um 1400-1462): Kirchenportal der Ochsenfurter Michaelskapelle (um 1450)
Dieses Detail eines steinernen Portalaufsatzes lässt an der linken Seite eine Gruppe von Menschen zur Himmelspforte streben. Die Personen vertreten bestimmte Stände, man findet den Papst mit seiner Tiara, einen Bauern, einen Mönch und weitere Personen, anscheinend alle männlich. Links werden sie von dem Heiligen Petrus in Empfang genommen. Er ist gerade dabei, mit einem Schlüssel eine profilierte Tür aufzuschließen. An der linken Seite und unten kräuseln sich Wolken, die vertikal zu einem beeindruckenden Schmuckband anwachsen.
Die Pforte ist übrigens mit den gleichen spätgotischen Schmuckelementen verziert wie die Kirche, an der sie zu finden ist, nämlich am Westportal zur Ochsenfurter Michaelskapelle. Diese wurde ursprünglich als Friedhofskapelle errichtet und so lag es nahe, das Eingangsportal mit der Darstellung eines Weltgerichts zu versehen, von der Funktion also ähnlich wie bei der Tauberbischoffsheimer Kapelle oder dem Tympanon aus dem Eichstätter Dom.
Sogar der Künstler ist in Ochsenfurt namentlich bekannt. Es ist ein Steinmetz Hans Bauer (um 1400-1462), der sich sehr eng an ältere Arbeiten, vor allem im Raum Würzburg, gehalten hat und der später in Nürnberg am Bau der Lorenzkirche beteiligt war. Die feinen Ausarbeitungen und individuellen Gesichtszüge zeigen an, dass wir es mit einer außergewöhnlich sorgfältig gearbeiteten Steinmetzarbeit zu tun haben, die zudem unbeschädigt Jahrhunderte im Freien überstanden hat. Aufgrund der spätgotischen Formen, die bereits in das Flamboyant übergehen, wurde schon immer eine Beziehung zum Weltgerichtsportal von St. Salvator in Nördlingen vermutet.
Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Bayern, 1: Die Regierungsbezirke Oberfranken, Mittelfranken und Unterfranken, München 1999.
Hans-Peter Trenschel: Ochsenfurt. Katholische Stadtpfarrkirche St. Andreas, St.-Michaels-Kapelle und St.-Wolfgangs-Kapelle, Regensburg 2002.
Claus Bernet: Große Künstler, großartige Kunst, Norderstedt 2020 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 48).