
Die spätgotische Sebastianuskapelle in Tauberbischofsheim (nördliches Baden-Württemberg) wurde im Jahr 1474 fertiggestellt. Sie war die mittelalterliche Friedhofskapelle der Stadt, was möglicherweise auch den Anlass dazu gab, am Tympanon des Nordportals das Weltgericht zu zeigen. Einst war dieses Portal eines unbekannten Steinmetz der Eingang zum Untergeschoss, dem sogenannten „Beinhaus“, heute befindet sie sich an der Westfassade, über dem Portal zum oberen Kapellenraum. Seit 1982 ist an die Stelle des Originals eine Kopie gelangt. Das Originalrelief wurde zunächst abgegeben, ist aber 2013 in seinen Bestimmungsbau zurückgekehrt.
Die Bildhauerei in rotem Mainsandstein hat sich hervorragend über die Jahrhunderte gehalten. Deutlich sieht man selbst die Beschläge und den Türgriff der Pforte an der linken Seite. Diese Himmelspforte ist jedoch noch geschlossen. Davor wacht Petrus mit dem Schlüssel, der die Geretteten in den Himmel führt. Unter den Geretteten sind vor allem geistliche Würdenträger, die sich hier ganz unbescheiden in den Vordergrund drängen; man erkennt anhand der Kopfbedeckung den Papst, einen Kardinal, einen Mönch, dann auch einen König und einen Fürsten.
Anton Ullrich: Kirchen und Kapellen von Tauberbischofsheim. Zum 1200jährigen Ortsjubiläum 1955, Tauberbischofsheim 1955.
Judith Breuer: Das Martyrium des hl. Sebastian in Original und Kopie. Die Sebastianuskapelle in Tauberbischofsheim schmücken fortan zwei gleiche Reliefs, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 4, 2014, S. 265-267.