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MS 1 und MS 2: „De Civitate Dei“ (um 1480)

Diese beiden Miniaturen sind Teil einer mittelalterlichen Prachtausgabe, die mehr zum Ansehen als zum Lesen gedacht war. Die fromme Schrift war vor allem ein Repräsentationsobjekt und eine Kapitalanlage zu einer Zeit, als der Zinssatz regulär bei um die 35 Prozent lag. Der Band war lange im Besitz römisch-katholischer Geistlicher, bevor er in die Stadtbibliothek von Mâcon gelangte, die ihn als „MS 1“ aufbewahrt.

Fol. 7 (oben, Detail) zeigt im Inneren der Stadt betende Engel, die nach Farben unterschieden um die mittige Person konzentrisch angeordnet sind, angelehnt an MS 1914 von Jacquemart Pilavaine. Diese Figur, die auf einem Regenbogen thront, ist eine kreative Mischung zwischen Gottvater, Christus, Weltenherrscher und Papst. Glanzstück der Miniatur ist die prächtige Mauer, deren golden eingefasste Edelsteine so gut zu erkennen sind wie einst auf Jean Colombes Apokalypse. Die Stadtmauer wird von zwölf Türmen unterbrochen, welche alle unterschiedlich gestaltet sind, was wiederum an Giovanni di Paolo erinnert. Sogar die seitliche Rahmung des Bildes nimmt die Architektur schlanker Türme auf.

Fol. 19 (ebenfalls Detail) ist ähnlich gehalten. Man findet die Illustration in MS 2 aus der gleichen Bibliothek. Inzwischen scheint hier die Rettung der Heiligen, die sich ja zuvor noch vor der Stadt befanden, abgeschlossen zu sein, sie sind in Engel verwandelt. Das Tor der Mauer, die überaus niedrig gestaltet ist, bleibt verschlossen. Nach unten scheinen sich die Mauern fortzusetzen, sind jedoch von Wolken verdeckt, auch weitere Türme sind hier nicht zu sehen.
Beide Bände, MS 1 und MS 2, wurden um 1480 in Paris hergestellt und beinhalten eine Übersetzung der Schrift „De Civitate Dei“ des Aurelius Augustinus ins Altfranzösische. Die überaus prächtigen Miniaturen lassen einen großen Meister bzw. dessen Schüler vermuten, vielleicht aus den Umkreis von Maitre François und seiner ganz ähnlichen Interpretation von „De Civitate Dei“.

Alexandre de Laborde: Les manuscrits à peintures de la ‚Cité de Dieu‘ de saint Augustin, Paris 1909.
Claus Bernet: Gotik, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 30).

 

tags: Aurelius Augustinus, Mittelalter, Gotik, Frankreich, Paris, Edelsteine; De Civitate Dei
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