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Pembroke-Stundenbuch (um 1465)

In Brügge entstand zwischen 1465 und 1470 ein kostbares Stundenbuch. Es trägt heute den Namen Pembroke Psalter-Hours und befindet sich im Philadelphia Museum of Modern Art (dort unter der Signatur: The Philip S. Collins Collection, acc. no. 1945-65-2). Die Miniatur von fol. 73v (Ausschnitt) zeigt in traditioneller Manier ein Weltgericht; in der Mitte der auf einem Regenbogen thronende Christus, links der Himmel, rechts die Hölle. Auch hier wurde, wie in einem etwa zeitgleich entstandenen Blatt aus der National Galery of Art in Washington (ein Holzschnitt von um 1460 um aus der Sammlung Rosenwald), die Himmelsstadt als Triumphtor dargestellt, wenngleich hier etwas kunstvoller und ornamentierter. Beide Tortürme sind mit schlanken Engeln besetzt, die mit Posaunen das Gericht ausrufen. Darunter drängen sich die Geretteten nach Innen und haben schon teilweise das Tor durchschritten. Sie stehen auf einer Art braunen Teppich, der die Farbe und Form der Gräber von rechts rechts fortsetzt. An den Seiten und am oberen Abschluss der Pforte sind zahlreiche gotische Ornamentierungen aufgezeichnet. Es ist vor allem symmetrisch gestaltet, selbst die Posaunen sind im gleichen Winkel ausgerichtet. Etwas eigenartig ist die goldene Weltkugel am Ende der rechten Posaune, die viel zu niedrig und auch nicht mittig gesetzt wurde.
Das Blatt könnte eine Vorlage für später entstandenes Weltgericht des Schwarzaugenmeisters in einem Stundenbuch gewesen sein, welches sich in der Königlichen Bibliothek Dänemarks befindet. Darauf deutet vor allem der identische Höllendrache rechts.

 

Gleichsam kennen wir eine Vorstudie für das Pembroke Stundenbuch. Es ist eine einfarbige Handzeichnung (33 x 24 cm), die 1922 dem MET Museum New York von E. Weyhe verkauft wurde (22.112.1,1). Vor allem im unteren Bereich gibt es Ähnlichkeiten bei der Hölle, den Gräbern oder der Himmelspforte. Das Kreuz unterhalb der Christusfigur rückte bei der späteren Ausführung nach oben, die mittelalterliche Mandorla wurde weggelassen. Solche und andere Änderungen sprechen nicht an sich gegen die Vorlage, sondern deren Funktion war ja gerade, dass Auftraggeber und Künstler besprechen konnten, was übernommen und was geändert werden sollte.

James R. Tanis, Jennifer A. Thompson (Hrsg.): Leaves of gold, Philadelphia 2001.
James H. Marrow: The Pembroke Psalter-Hours, in: Bert Cardon, Jan Van der Stock, Dominique Van-wijnsberghe (Hrsg.): ‚Als ich can‘, Bd. 1, Paris 2002, S. 860-902.
Vania Leite Fróes: O livro de horas dito de D. Fernando-Marvilha para ver e rezar, in: Anais da Biblioteca Nacional, 129, 2009, S. 83-136.

 

tags: Brügge, Flandern, Stundenbuch, Triumphtor, Philadelphia Museum of Modern Art, Weltgericht, Erde, Spätgotik, Mittelalter, MET New York
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