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Peter Gilbert (Petrus Gilberti): Historienbibeln (1400-1425 und 1411)

Bei dem Manuskript MS Royal 15. D. III aus der British Library handelt es sich um eine frühe Ausgabe der Historienbibel (Bible Historiale) von Guyart des Moulins (geb. 1251), der die lateinische Bibel 1294 ins Französische übertragen hatte. Die mit insgesamt 102 Säulenminiaturen ausgestattete Handschrift in vier Bänden stammt aus Zentralfrankreich, wahrscheinlich aus Paris, wo sie im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts hergestellt wurde. Glücklicherweise sind die Personen bekannt, die an diesem Werk mitgearbeitet haben, so der Kalligraph Peter Gilbert (Petrus Gilberti) und Angehörige der Werkstatt des Meisters des Boucicaut-Stundenbuchs. Aufgetaucht ist das Werk 1757, als es dem Britischen Museum als Teil der königlichen Bibliothek von König Georg II. übergeben wurde. Entsprechend dem Zeitgeschmack des „Herbst des Mittelalters“ zeigt sich die Stadt der annähernd quadratischen Miniatur auf fol. 531v als lieblicher Ort im Grünen. Nicht eine mächtige Burg, sondern vielgliedrige Bauten verstecken sich hinter hohen Mauern. Das Tor der Stadt ist offen. Über eine Brücke – die vor allem im Buchdruck der Reformationszeit zu einem wichtigen Sujet der Himmels-Ikonographie werden sollte (Beispielsweise in einer Bibelausgabe von 1535) – spazieren Mann und Frau über einen Wassergraben. An ihrem Nimbus sind sie als Heilige zu erkennen. Es könnte sich sowohl um Adam und Eva, die hier das Paradies wiedergewonnen haben, als auch um Jesus und Maria handeln, wofür die Farbe der Gewänder sprechen würde. Über der Szene öffnet sich der blaue Himmel, dazwischen Sterne und eine ausstrahlende diffuse Lichtquelle. Unten hat es sich Johannes bequem gemacht und betrachtet entspannt diesen Locus Amoenus.

 

Eine weitere Bible Historiale stammt ebenfalls aus der British Library: MS Royal 19. D. III. Sie kann auf das Jahr 1411 datiert werden und wurde von dem Augustiner Thomas du Val in Clairefontaine verfasst. Es sind schnell angefertigte Illustrationen ohne künstlerischen Anspruch. Das Neue Jerusalem ist auf fol. 603v des zweiten Bandes zu finden. Bemerkenswert sind die sieben Tore, die gleichzeitig das Fundament der Stadt ausmachen und daher wie Edelsteine in unterschiedlichen Farben gefasst sind. Die Rahmung und andere Details ist exakt identisch mit der vorherigen Ausgabe, so dass hier die gleiche Malschule vermutet wird, auch ein Einfluss von MS fr. 21 liegt nahe.

Samuel Berger: La Bible française au Moyen Âge, Paris, 1884.
Henri Omont: Les manuscrits français des rois d’Angleterre au château de Richmond, in: Etudes romanes dédiées à Gaston Paris, Paris 1891, S. 1-13.
Millard Meiss u.a.: French painting in the time of Jean de Berry, London 1974.
Gabriele Bartz: Der Boucicaut-Meister. Ein unbekanntes Stundenbuch, Rotthalmünster 1999.
Christopher de Hamel: The British Library guide to manuscript illumination, London 2001.

 

tags: Bibelausgabe, Historienbibel, Paris, Frankreich, London, England, Brücke
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