Die griechische Insel Patmos hat seit der späten Antike einen besonderen Bezug zur Johannesoffenbarung. Sie ist schließlich der Ort, an der Johannes seine apokalyptische Visionen gehabt haben will und sie niederschrieb. So verwundert es auch kaum, dass sich in dem Museum des dortigen griechisch-orthodoxen Johannesklosters, welches nach Johannes dem Seher benannt wurde, eine Darstellung mit dem Himmlischen Jerusalem finden lässt. Es ist ein aus Silber geschlagener Bucheinband, der auf der Vorder- und Rückseite verschiedene kleine Szenen aus der Johannesoffenbarung in Medaillons präsentiert. Diese Medaillons sind nach westeuropäischen Bildvorlagen aus frühneuzeitlichen Bibelausgaben gestaltet. Die Szene, auf der der Engel Johannes die Stadt zeigt, findet sich auf der Rückseite oben links. Die Position, Haltung und Gesten der beiden Figuren kennt man etwa beispielsweise von Georg Negrinus, Nicolaes Visscher oder Melchior Küsel. Links sind Türme der Stadt sowie Bäume aneinander gesetzt. Es scheint sich um westkirchliche Sakralbauten zu handeln, einer trägt ein lateinisches Kreuz, auch ein Nadelbaum steht dazwischen.
Die Ausgabe des Neuen Testaments wurde im Jahr 1693 gedruckt. Erst 1787 fügte man ihr diesen hochwertigen kostbaren Einband hinzu, von dem es vermutlich mehrere Ausführungen gab. Die Arbeit wurde von Ignatios Ougrovlahias (1765-1828) in Mitropolis, eine byzantinische Kirche in der Innenstadt von Athen, veranlasst, die bekannt für ihre Gold- und Silberschmiedearbeiten war. Von dort gelangte dann das Kunstwerk nach Patmos, wo es im 18. Jahrhundert keine hochwertigen Kunsthandwerksbetriebe gab, die solche Arbeiten hätten herstellen können.
Καθηγουμένου Πάτμου Αντίπ: Νικηταρά, Το ξυλόγλυπτο Τέμπλο τού Καθολικού τής Ιεράς Μονής Πάτμου, Πάτμος 2005.
Archimandrite Antipas Nikitars: Guide to the Holy Monastery of Saint John the theologian Patmos, Patmos 2016.