
Die Kirche des dänischen Vinderslev auf Jütland darf beanspruchen, ein spätmittelalterliches Zentrum der Himmlischen-Jerusalem-Darstellung gewesen zu sein. Um 1510 entstanden mehrere Fresken, die die Gottesstadt in einer überraschenden Vielfalt zeigen, die das 16. Jahrhundert ansonsten so nicht kennt.
Die erste Darstellung zeigt Jerusalem auf der östlichen Kappe eines Deckenfreskos als typische Torszene in einem Zwickel einer Weltgerichtsdarstellung, das der Hölle auf dem gegenüberliegenden Zwickel entspricht. Einige der gerade Auferstandenen werden von einem musizierenden Engel in das gotische Jerusalem geleitet, unterstützt durch die fürbittende Maria rechts. Genau hinter dieser Szene setzt sich das Thema auf der angrenzenden Kappe nach links fort: dort zieht eine Schar längere von Geretteten in Richtung eines weiteren Tores, das vom Stil wie das erste gestaltet, aber erheblich kleiner ist. Eine der Personen trägt eine Fahne und ein Kreuz; und der ganze Zug ähnelt einer Prozession. Im Rahmen der Präsentation des Himmlischen Jerusalem ist dieses Motiv einzigartig, nicht nur im skandinavischen Raum. Da die kompakten Tore mittelalterlichen Burgen ähnelten, oder man eine Ähnlichkeit wünschte, nannte man diese Art der Darstellung Jerusalems in Skandinavien übersetzt „Himmelsburg“.
Das Thema Engelsmusik wird in einem weiteren Fresko auf der nördlichen Kappe aufgenommen. Es zeigt ein ganzes Orchester in einem eigenartigen Rundturm oder Arkadenjerusalem. Dessen offene fünf Arkaden gewährt einen Einblicke in das Leben der Heiligen: sie werden neu eingekleidet, speisen oder gehen in dem Raum auf und ab. Neben dem Bau gelangen weitere Gerettete über eine Leiter nach oben in den Rundturm. Gegenüber den anderen Fresken in der Kirche zu Vinderslev ist diese hervorragend erhalten.
Ulla Haastrup (Hrsg.): Sengotik: 1500-1536, København 1992 (Danske kalkmalerier, 6).