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Anonym: Weltgericht aus Indien in Alt-Goa/Velha Goa (um 1661)

Die einstige römisch-katholische Kirche von Alt-Goa/Velha Goa (Igreja do Espírito Santo e Convento de São Francisco) liegt im westindischen Bundesstaat Goa am linken Ufer des Flusses Mandovi in Indien. Heute befindet sich in dem Bau ein archäologisches Museum.
Velha Goa war früher die Hauptstadt der Kolonie Portugiesisch-Indien. Portugiesische Franziskanermönche und indische Arbeitssklaven errichteten dort um 1661 die Klosterkirche des Heiligen Franz von Assisi, wobei sie eine ältere dort bereits erbaute Moschee entweihten und umgestalteten. In ihr befindet sich noch heute ein großformatiges Ölgemälde mit einer komplexen Darstellung des Jüngsten Gerichts. Auf dem Gemälde, dessen Firnis leider über die Jahrhunderte sehr dunkel und brüchig geworden ist, befindet sich links eine mächtige, festungsartige Himmelspforte, in welche zahllose Gerettete von der rechten Seite her zum dem breiten Torbogen strömen.
Die rote Turmkappe, der Verzicht auf Verzierungen aller Art und vor allem die gedrungene Breite des etwas klobigen Rundtorturms sind typisch für den indischen Kolonialstil der Portugiesen, aber auch Spanier, man findet solche Darstellungen auf vielen weiteren Malereien aus Latein- oder Südamerika; ich erinnere beispielsweise an das Weltgericht in der Gemeindekirche von Siachoque (17. Jh.), José López de Rios „Jüngstes Gericht“ in Carabuco (1664) oder die Ölmalerei „Weltgericht“ von Melchor Perez Holguin (1708). Merkmal dieser Rundtortürme ist, wie auch hier, dass mit Betreten des Turmes die Pilgerreise nicht zu Ende ist, sondern rechts oben hinter dem Turm in den Wolken fortgesetzt werden muss. Der Maler dieses Weltgerichts ist nicht bekannt. Er wird nicht aus Indien, sondern vermutlich aus Europa stammen. Üblich war es, solche Auftragsarbeiten in Lissabon oder anderswo anfertigen zu lassen, einzurollen und mit dem Schiff nach Indien zu transportieren.

 

tags: Indien, Franziskaner, Kolonie, Weltgericht, Himmelspforte
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