Das Taufbecken der römisch-katholischen Pfarrkirche zum Heiligen Erzdiakon Laurentius in Piesendorf im Salzburger Land besteht analog zur historischen Kommunionsbank und der weißfarbenen Kanzel aus weißem und rosafarbenem Marmor. Es ist eine Stilmischung aus historistischen, barocken und klassizistischen Kunstelementen. Am Fuß des Beckens sind der Name des Steinmetzmeisters Josef Haslauer und die Datierung 1854 eingemeißelt, als Abschluss einer schon im Jahr 1851 begonnenen Umgestaltung des Kircheninneren. Ansonsten ist der Künstler Haslauer heute kaum bekannt. Da der Nachname vor allem im Salzburger Land öfters vorkommt, darf man von einem einheimischen Bildhauer ausgehen.
Der Deckel des Taufbeckens zeigt an seinen Seiten acht identische, runde Türme und dazwischen Teile der Stadtmauern Jerusalems. Dieser Teil des Beckens weist deutlich Anlehnung an den historistischen Burgenstil auf. Der Sockel darunter ist mit einer Girlande und vergoldeten Sternen geschmückt. Die das Becken bekrönende Figur des Heiligen Johannes des Täufers (der auf Taufbecken sinnigerweise oft zur Darstellung herangezogen wird) wurde vor etlichen Jahren brutal abgebrochen und sogar gestohlen – sie ist bislang nicht wieder aufgetaucht und wurde auch nicht durch eine Kopie ersetzt.
Josef Lahnsteiner: Oberpinzgau von Krimml bis Kaprun. Eine Sammlung geschichtlicher, kunsthistorischer und heimatkundlicher Notizen für die Freunde der Heimat, Salzburg 1956.
Ronald Gobiet: Piesendorf, Salzburg, Salzburg 2000.
Wolfgang Bartl (Hrsg.): Pfarrkirche Piesendorf zum Hl. Laurentius, Piesendorf, um 2010.
Claus Bernet: Gemacht für die Ewigkeit. Steinwerke des Himmlischen Jerusalem, Norderstedt 2013 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 8).
Eine ähnliche Arbeit findet man ein halbes Jahrhundert später in der römisch-katholischen Kirche St. Vitus von Willebadessen. Es ist ein Werk von 1904 des Bildhauers Christian Sauerland (geb. 1874) aus dem umliegenden Warburg. Es besteht aus zwei Teilen: einem Sockel aus ornamentiertem, rötlichem Sandstein und einem Deckel aus geschnitztem Eichenholz. Hier haben die acht Türme zusätzlich schmale Kegeldächer. Glücklicherweise ist in Willebadessen die zentrale Figur noch erhalten, so dass man einen Eindruck gewinnt, wie der Taufstein in Piesendorf einmal ausgesehen haben könnte. Ob Sauerland das ältere Modell kannte, lässt sich nicht ausschließen. Vielleicht war dieser Typus von Taufsteinen aber noch weiter verbreitet und es gibt oder gab noch weitere Einzelstücke, die zur Anregung dienten. Heute wäre der Künstler dem Plagiatsvorwurf ausgesetzt, damals war das Kopieren eine Ehre und galt sogar als eigenes Metier, dem sich Kopisten verschrieben hatten.