Das Motiv der geschlossenen und der offenen Himmelspforte ist sehr alt, einer der ältesten in Stein gehauenen Belege hat sich aus der Zeit um 1230 erhalten. Es handelt sich dabei links um eine Porta Clausa und rechts um eine offene Porta Coeli am nördlichen Gerichtsportal der Kathedrale Notre-Dame in Reims (auch als Le Beau Dieu-Portal bekannt). Die Position der beiden Himmelspforten ist derart unzugänglich, dass die Steinarbeiten Wetter, Bilderstürme und Kriegseinwirkungen relativ unbeschädigt überstanden haben. Auch beim üblichen Lob des Le Beau Dieu-Portals wird auf diese beiden Details seltenst eingegangen. Beide befinden sich genau im Scheitel der Archivolte des Portals am nördlichen Querhausarm, also etwa genau über den Köpfen derjenigen, die unten durch das Portal in die Kirche gehen. Die Pforten zeigen noch keine gotischen Schmuckdetails, sondern sind in romanischer Architektur gehalten. Über der geschlossenen Pforte hält ein Engel ein Schriftband, auf dem allerdings nichts (mehr?) geschrieben steht. An dieser Position zeigt die offene Pforte zwei große Blüten (vgl. solches etwa im späteren Bollerup), nach anderer Deutung Sonne und Mond. Der Engel mit dem Schriftband findet sich auch hier, steht aber kopfüber. In der Pforte steht eine Figur, die demonstrativ dem Betrachter ein Buch entgegenhält – so etwas kenne ich aus sonst keiner einzigen Pforte. Da diese Figur, wenn man vor dem Original steht, einen Kreuznimbus besitzt, muss es sich um Christus handeln.
Ise Schüssler, Richard Hamann-Mac Lean: Die Skulpturen. Nordportale, Chorkapellen, Querhaus-Triforium, Stuttgart 1996 (Die Kathedrale von Reims, II, 5).
Peter Kurmann, Alain Villes: Reims. La cathédrale Notre-Dame, Paris 2001.
Alain Erlande-Brandenburg: La cathédrale de Reims. Chef-d’oeuver du gothique, Arles 2007.
Claus Bernet: Torszenen, Himmelspforten, Porta Coeli, Norderstedt 2014 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 11).