Über dem Altar der römisch-katholischen Stiftskirche St. Felicitas in Vreden an der Grenze zu den Niederlanden hängt heute ein schmiedeeiserner und vergoldeter Leuchter aus dem Jahre 1489, der ursprünglich zur Ausstattung einer benachbarten Pfarrkirche gehörte. Dieser Leuchter, obwohl kein Radleuchter, stellt als Jerusalemsleuchter die Vision des Himmlischen Jerusalem aus dem letzten Buch der Bibel künstlerisch dar: Gottes Stadt mit Türmen und Wällen, die von zwölf Toren unterbrochen werden, ist ebenso dargestellt wie die zwölf Apostel als symbolische Grundsteine der Stadt. Diese stehen als geschnitzte Eichenholzfiguren in den Tortürmen des Leuchters. Der dreifache Kronreif und der dreieckige Aufbau im obersten Kronreif sollen auf die Dreifaltigkeit Gottes verweisen. Ins Zentrum des spätmittelalterlichen Leuchters ist eine ebenfalls hölzerne Skulptur der Gottesmutter Maria als Frau aus der Apokalypse (Himmelskönigin) gesetzt. Es handelt sich bei diesem Beleuchtungskörper um einen Hexagonalleuchter eines leider nicht bekannten Künstlers aus dem späten 15. Jahrhundert. Nur Meister, die viel Erfahrung und potente Auftraggeber hatten, konnten solch komplexe Kunstwerke anfertigen, von denen man im Laufe seines künstlerischen Schaffens nur sehr wenige Exemplare herstellte. Zusammen mit einem Leuchter aus Einbeck gehört er zu den vergessenen Jerusalemsleuchtern des Mittelalters, da in der Literatur fast immer lediglich die bekannteren vier romanischen Radleuchter zitiert werden.
Das Stift Vreden. Seine Geschichte und seine Kunstdenkmäler. Aus Anlaß des 1100-jährigen Gedächtnisses der Übertragung der Reliquien des heiligen Felicitas nach Vreden als Führer, Coesfeld (1939).
Werner Ueffing: Die Stiftskirche St Felicitas zu Vreden, hrsg. vom Heimatverein Vreden, Vreden 1985.
Josef Lepping: Der Wiederaufbau der zerstörten Kirchen in Vreden nach 1945. Pfarrkirche St. Georg und Stiftskirche St. Felicitas, Vreden 2009.
Claus Bernet: Jerusalems-Leuchter, Jerusalems-Kerzen und Adventskränze, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 25).
