Einbecker Radleuchter in der Münsterkirche St. Alexandri (1420)
Ein seltenes Beispiel für einen spätmittelalterlichen Jerusalemsleuchter findet sich in Einbeck, eine ehemalige Hansestadt in Südniedersachsen. Das dortige Kunstwerk wurde 1420 von dem Kanoniker Degenhard Rhe der Münsterkirche St. Alexandri in Einbeck gestiftet. So belegt es eine Inschrift auf der Halterungskrone mit der Jahresangabe. Wer ihn dagegen hergestellt hat, ist nicht bekannt. Die Komposition des Leuchters soll auf ein nicht erhaltenes Vorbild im Kloster Pöhlde im südwestlichen Harzvorland zurückgehen.
Im Gegensatz zu den älteren Radleuchtern in Hildesheim, der Großcomburg oder Aachen ist dieser Radleuchter so gut wie unbekannt und wird in der Aufzählung mittelalterlicher Leuchter fast immer unterschlagen. Zu Unrecht, denn der Einbecker Leuchter ist von hoher handwerklicher Qualität und bestens erhalten.
In den zwölf mit Bögen und jeweils zwei Säulen angedeuteten Stadttoren des Reifs wachen die verschiedenen Apostel. Anhand ihrer Symbolik und Detailfreude kann jeder dieser zwölf Apostel namentlich bestimmt werden. Etwas kleiner sind auch die zwölf Propheten des Alten Testaments dargestellt. Zu ihren Füßen ist – in Latein an der Außenseite des Reifs – das Apostolische Glaubensbekenntnis niedergeschrieben, welches sich um das gesamte Kunstwerk zieht. Auch hat der Leuchter noch seine mittelalterliche Farbgebung: ein helles Grün und ein Gold imitierender Gelbton. Noch heute wird der Leuchter an besonderen kirchlichen Festtagen entzündet, wobei die Kerzen nicht mehr direkt auf dem Reif, sondern seitlich davon angebracht werden. Das Kunstwerk aus Messing hängt an neun Zugketten an seinem angestammten Ort über dem Hauptaltar der Kirche. Er hat einen Durchmesser von etwa 3,25 Meter.
Einbecker Geschichtsverein e.V. (Hrsg.): Geschichte der Stadt Einbeck, Bd. 2, Einbeck 1992.
Elke Heege: Münsterkirche St. Alexandri Einbeck. Ev.-luth. Münsterkirche St. Alexandri Einbeck, Regensburg 2000.
Claus Bernet: Jerusalems-Leuchter, Jerusalems-Kerzen und Adventskränze, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 25).
