Thetis Blacker (1927-2006): Malerei und Batik aus London (1972 und 1982)
Thetis Blacker (1927-2006) lebte als Sängerin und Malerin in London. Vor allem ihre Batiken fanden Beachtung und wurden immer wieder in Kirchen in ganz Europa ausgestellt. Oft finden sich darauf mystische Tier und Fabelwesen, wie überhaupt Blacker sehr von Strömungen der Hippiekultur und Esoterik beeinflusst war. Sie war die Schülerin von Brenda Moore (um 1915-1996), der Frau des Künstlers Leonard Campbell Taylor (1874-1969), und studierte in der Chelsea School of Art. 1970 besuchte sie als Churchill Fellow Indien, den Iran, Thailand, Malaysia und Indonesien, wo sie am Batik Research Institute in Yogyakarta arbeitete. In dieser Zeit entstand eine Malerei zum Neuen Jerusalem, die 1972 fertig wurde. Man findet sie heute im Korridor der Royal Foundation of Saint Katharine in London. Das Edelsteinfundament fungiert hier als breite Prunktreppe und Basis der auf ihr thronenden Stadt. Von ihr sehen wir vor allem drei Rundbogentore, dann auch symmetrisch angeordnete Türme. Aus der Kuppel des Haupttores erwächst der Lebensbaum mit exakt zwölf Früchten, unter dem Haupttor strömt der Lebensfluss weiter nach unten.
Die Künstlerin hat in den folgenden Jahren an dem Thema weiter gearbeitet. 1982 wurde die klassizistische Altarwand der Londoner Kirche St Botolph’s-without-Aldgate mit einem ungewöhnlichen Kunstwerk ausgestattet. Es handelt sich um ein modernes Triptychon aus drei Batiken, die einzeln golden gerahmt wurden. Die Seitenteile zeigen apokalyptische Engel, das Mittelteil trägt den Titel „The Tree of Life in the Holy City New Jerusalem“, also „Der Lebensbaum in der heiligen Stadt Neues Jerusalem“. Ganz oben ist eine Taube zu sehen, die über den Früchte tragenden Lebensbaum fliegt, genau dem Betrachter entgegen! Der Lebensbaum war für die Künstlerin besonders wichtig, wenn sie schreibt: „Der Baum des ewigen Lebens, aus dessen kraftvollen Wurzeln das Wasser des Lebens fließt, ist von Bauten des Himmlischen Jerusalem umgeben. Diese reihen sich am Horizont aneinander. Das Wasser teilt sich drei Bäche, die über das Edelsteinfundament nach unten fließen. Dabei sollte der Eindruck entstehen, dass das Fundament gleichzeitig die Stufen einer Treppe hin zur Stadt ist. Es sind goldgelbe Bauten, die sich (mit dem Fundament) zur einer Pyramide vereinen, denn die Pyramide ist das Symbol der Vollkommenheit. Schon die alten Kulturen wussten: Die Pyramide versinnbildlicht Perfektion, Harmonie und Gleichklang. Wenn man einmal auf einer Pyramide stehen durfte, wird man dieses Erlebnis nicht wieder vergessen. Jerusalem als Pyramide – das war nicht meine Idee, ich habe in einer Dokumentation darüber gelesen, was die Inspiration zu diesem Werk gab“.
Deaconess Community of St. Andrew (Hrsg.): Apocalypse, London 1975.
Jane Geddes: Blacker, beasts and the Bestiary. The inaugural Tenemos Thetis Blacker memorial lecture, London 2010.
Beitragsbild: AndyScott, St Botolph without Aldgate, The altar, CC BY-SA 4.0