Helmut Lutz (geb. 1941): Deckengestaltung „Zur Heiligen Familie“ in Faurndau (1991)

Ein ungewöhnliches, auch auffallendes weil raumdominierendes Kunstwerk an ungewöhnlichem Ort birgt die römisch-katholische Pfarrkirche „Zur Heiligen Familie“ in Faurndau im Dekanat Göppingen. 1991 kam es dort in der 1960 erbauten Kirche zu umfangreichen Sanierungen. Dazu beauftragte der damalige Pfarrer Sigisbert Schwind den Architekten Gerold Reuter aus Wernau und den Bildhauer Helmut Lutz (geb. 1941) aus Breisach. Eine ganze Truppe von Handwerkern setzte den anspruchsvollen Deckenentwurf um und schuf den „offenen Himmel von Faurndau“. Es handelt sich dabei eigentlich um eine bemalte Deckenplastik.

Lutz schrieb zur Intention der Deckengestaltung: „Durch diesen wirklichen Aufriss der Decke möchte ich einen Beitrag zur Lebendigkeit leisten. Die blaue und rote Farbgebung und die weißliche Raumgestaltung will dabei ganz erfrischend mitwirken, ein fast barockes Gefühl mit viel Raum für Erhebendes schaffen“.
Direkt über dem Weihwasserbecken im Eingangsbereich entdeckt man an der Decke eine Raute, die die Erde darstellt. Zwei flügelähnliche Gebilde symbolisieren Engel. Eine rote Dornenkrone auf der Raute erinnert an das Leiden und dessen Überwindung. Die zwei Engel schieben nun diese bereits erlöste Erde auf der Schiene des Kreuzes in Richtung des Neuen Jerusalem, mit dem Opferlamm Gottes in seiner Mitte (vgl. den Tabernakel in Wolfshagen mit seinem Lamm). Dieses befindet sich vorne über dem Altarbereich. Die blauen Tropfen in diesem Bereich deuten auf das Wasser des Lebens. In der Mitte der Schiene erscheint eine kräftige Hand, die einen Maßstab hält (Johannesoffenbarung Kap. 21, Vers 15-18). Angedeutet ist auch die Vorstellung, dass der Kirchenbesucher Maß nehmen soll an der zukünftigen Welt.

In der Mitte des Neuen Jerusalem, also über dem Altarbereich, sind um das Lamm in vier Richtungen je drei Bogenfelder angebracht. Hier ist das Blau die dominierende Farbe. Von der Decke herabhängende Flügelbewegungen weisen auf den Engel der Offenbarung, aber auch auf die Verbindung von Himmel und Erde. Diese Flügelgestaltung hilft, den Raum zu zentrieren und dem Chorraum Tiefe zu geben. Unmittelbar vor dem Quadrat der Stadt sind noch zwei Halbkreise angebracht. Für den Künstler sind dies zwei Fruchtkammern, die auf die Bäume des Lebens verweisen (Johannesoffenbarung Kap.22, Vers 2).

Katholische Pfarrgemeinde ‚Zur Heiligen Familie’ Faurndau (Hrsg.): Katholische Pfarrkirche Zur Heiligen Familie in Faurndau: Neugestaltung 1991-1992, Faurndau 1992.
Emil Göggel: Helmut Lutz – Bildhauer, Maler und Choreograph, in: Badische Heimat, 81, 2001, S. 32-45.
Sigisbert Schwind: Zur Heiligen Familie, Faurndau: Katholische Pfarrkirche Zur Heiligen Familie Faurndau, in: Stiftskirche Faurndau, Weißenhorn 2002, S. 1-22.

 

tags: Württemberg, Deckenmalerei, Plastik, Messstab, Hand
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