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Albertus Pictor: Fresko in Härnevi (1475-1500) und Kungs-Husby-Kirche (um 1500)

Härnevi ist eine protestantische Kirche in der schwedischen Provinz Västmanlands. Bekannt ist die Kirche vor allem für ihre Fresken aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts. Obwohl sie seitdem nicht übermalt über überkalkt bzw. übertüncht worden sind, haben sich diese Wandmalereien nicht gut erhalten. Sie sind die Arbeit eines großen spätmittelalterlichen Meisters: Albertus Pictor, der sie mit einem Assistenten persönlich ausführte. Das Neue Jerusalem ist lediglich mit einem einfachen Tor links markiert, dem ein Zwiebeltürmchen aufgesetzt wurde. Hinter ihm befindet sich ein ähnlicher, kleinerer Turm in heller, weißer Färbung. Im Hintergrund sieht man eine türkisgrüne Füllung – eine Modeerscheinung um diese Zeit. Davor steht links außen eine Petrusfigur mit Schlüssel, der die ankommenden Geretteten begrüßt. Entstanden sind die Malereien zwischen 1475 bis 1500 und wurden im 20. Jahrhundert farblich nachgestrichen. Die Jerusalemspräsentation ist nichts außergewöhnliches, auch anderswo konnte die Stadt wie eine Kirche aussehen, etwa in Elmeleunde oder in Oldenburg. Albertus Pictor konnte mehr, das werden wir gleich sehen.

 

Zumindest noch ein weiteres Himmlisches Jerusalem hat die Jahrhunderte überdauert, welches dem Meister Pictor (was nichts weiter als „Meistermaler“ heißt) zugeschrieben wird. Man findet es am dritten Gewölbejoch der Kungs-Husby-Kirche im Umland von Uppsala. Die mittelalterliche Backsteinkirche befindet sich im Dorf Husby, das im frühen Mittelalter ein „Husby“, also ein königliche Gericht und Verwaltungszentrum war. In dem Bau ist die Präsentation der heiligen Stadt gänzlich anders, als wir es bisher auf skandinavischen Freskendarstellungen kennen. Einem breiten, leicht gebogenen gelbfarbenen Band sind vier einzelne Bauten aufgesetzt. Das Band kann sowohl die Wolken imitieren, als auch einen gewaltigen Edelstein als das eigentliche Fundament der Stadt darstellen – vielleicht hat der Künstlers sich auch wenig dabei gedacht und einfach eine geometrische Form in dieser Art und Weise aufgemalt. Die aufgesetzten Bauten sind ausschließlich Kirchen, unterschiedlich wiedergegeben mit viel Liebe zum Detail und überaus realistisch gehalten. So hat jeder Kirchturm sein lateinisches Kreuz, man erkennt Fenster, Türen, Zinnen und sogar unterschiedliche Färbungen der Dachschindeln. Hinter und vor die vier Bauten wurden hin und wieder auch Nadelbäume gesetzt, die sich im Gegensatz zu der Architektur nicht so gut erhalten haben. Die Malereien datierte man auf um 1500 und sollen nach einer Ausgabe der Biblia Pauperum gezeichnet worden sein. Ich halte dies aber für wenig plausibel, denn dann müsste man in den gängigen Ausgaben dieser Armenbibeln solche Darstellungen finden, was nicht der Fall ist.
Nach nur wenigen Jahren verschwanden diese und andere Malereien der Kungs-Husby-Kirche im Zuge der Reformation und des geänderten Geschmacks unter einer Kalkschicht. Bereits 1859 wurden sie wiederentdeckt und 1860 von Johan Zacharias Blackstadius (1816-1898) restauriert, wobei er hier im Vergleich zu vielen anderen seiner Restaurierungen relativ originalgetreu geblieben sein soll. Nur dort, wo ein Unwetter Schäden am Gewölbe angerichtet hat, sind die Malereien von Blackstadius größtenteils neu geschaffen worden. Eine gründliche zweite Restaurierung des Innenraums wurde in den 1950er Jahren durchgeführt.

 Henrik Cornell: Albertus Pictor, Stockholm 1981.
Åke Nisbeth: Härnevi church, Engelska 1985 (3).
Anders G. Nord: Färgundersökningar av senmedeltida kalkmåleri, Stockholm 1996.
Pia Melin (Hrsg.): Albertus Pictor: målare av sin tid. 1, Bilder i urval samt studier och analyser, Stockholm 2009.

 

Zum Künstler:

Albertus Pictor wurde um 1440 vermutlich in der hessischen Stadt Immenhausen geboren. 1465 wurde er als Einwohner von Arboga erstmals in Schweden urkundlich erwähnt. 1473 heiratete Pictor die Witwe des Malers Johan Målare und ging nach Stockholm. In den darauf folgenden Jahren schuf Albertus Pictor bzw. seine Stockholmer Werkstatt Wandmalereien in rund vierzig Kirchen, darunter in Västerås, Kalmar, Åkerby, Sollentuna und Lids. 1509 ist er nach zweijähriger Krankheit in Stockholm verstorben. Damit ist Albertus Pictor der umfangreichste und auch ein quantitativ hochstehender Kirchenmaler im mittelalterlichen Schweden gewesen.

 

tags: Fresko, Provinz Västmanland, Himmelpforte, Wolkenband, Nadelbaum, Armenbibel
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