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1481 um, Oldenburg, Niedersachsen, Gertrudenkapelle, Ludwig Wilhelm Martin Morisse, Hanns Weikert 1 © Claus Bernet

Gertrudenkapelle in Oldenburg (1481)

1481 wurde das neue Gewölbe des östlichen Langhausjochs der Sankt Gertrudenkapelle in Oldenburg mit Fresken in Kalktechnik ausgemalt. Sie ist heute das älteste und das einzige erhalten gebliebene mittelalterliche sakrale Bauwerk der Stadt. Nach der Reformation wurde die Kapelle evangelisch und die Wandmalereien um 1600 erst gekalkt und dann unter Putz gelegt. Sie wurden erst 1908/09 von dem Maler und Kirchenrestaurator Ludwig Wilhelm Martin Morisse (1870-1936) freigelegt und mit Kaseinfarben ergänzt, was auf einer Schrift verewigt wurde. Morisse hat auch in Edewecht ein Weltgericht freigelegt und war auf solche Arbeiten spezialisiert. Nach 1964 erfolgte in Oldenburg durch Hanns Weikert von 1985 bis 1987 eine weitere umfassende Bestandssicherung und Dokumentation der Schäden.

Themen der differenzierten, qualitätvollen Malerei von 1481 sind die Gertrudenlegende im Altarbereich und das Jüngste Gericht im Kirchensaal. Die Restaurierungen haben dem Himmlischen Jerusalem jedoch derart zugesetzt und es stark verblasst, dass inzwischen kaum etwas zu erkennen ist. Am besten haben sich die zwei markanten Türme der Stadt mit den darüber positionierten Engeln erhalten, die darauf deuten, dass die ursprüngliche Malerei durchaus eigenständig und vielfältig im Detail gewesen sein muss. Unter den Türmen scheint eine Kirche dargestellt zu sein, von der zwei Fenster mit Fischblasenornament auffallen. Dieses Detail könnte von der Kirche zu Cappenberg (1450) übernommen worden sein. Im unteren Bereich sieht man rechts eine Gruppe Heilssuchender. Zu beiden Seiten stehen offene Tore. Die Gruppe, die vom Papst angeführt wird, hat das Tor des Todes bereits durchschritten und bewegt sich in Richtung Stadttor auf der linken Seite, um jetzt in die Stadt des ewigen Lebens einzutreten. Die Gesichtszüge und die Bekleidung waren ursprünglich individuell gestaltet, der unbekannte mittelalterliche Maler wollte verschiedene Ständevertreter repräsentiert wissen. Auffällig sind die vielen Engel, die für Musik sorgen. Man findet Posaunen, Harfen und weitere mittelalterliche Instrumente.

Dieter Zoller: Archäologische Untersuchungen in der Gertrudenkapelle zu Oldenburg, in: Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, 9, 1986, S. 53-63.

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tags: Spätmittelalter, Jüngstes Gericht, Fresko, Niedersachsen, Kaseinfarbe, Fischblasenornament, Ständevertreter, Harfe
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