Die römisch-katholische Kirche Santa Maria del Tiglio befindet sich in Gravedona, einer italienischen Ortschaft in der Provinz Como in der Lombardei. Die mittelalterliche Kirche besitzt ein prächtiges Wandfresko mit einer Darstellung des Jüngsten Gerichts. Es zählt zu den ältesten Fresken dieser Kirche und soll in der ersten Hälfte des 14. Jahrhundert entstanden sein; vor allem deswegen zählt die Kirche als „monumento nazionale“ Italiens und gilt, neben dem Fresko in San Pietro al Monte in Civate, als die wichtigste Darstellung des Himmlischen Jerusalem in der Lombardei. Das Fresko soll, so schreiben Experten, auch Cimabues Werk im Sacro Convento di Assisi, welches gut einhundert Jahre zuvor geschaffen worden war, ähneln, nur umgekehrt: Hier sind die Figuren nach oben, die Bauten nach unten unten gesetzt. In Gravedona sollen die markanden Türme des Himmlischen Jerusalem auch dem einstigen Aussehen der nahegelegenen Abtei in Piona ähneln. Heute sind vor allem noch die Dächer und Türme einer Stadt zu sehen, da die unteren Teile der Vedute mit der Stadtmauer nicht die Zeit überdauert haben. Einer der der Türme ist mit einem lateinischen Kreuz versehen und steht vermutlich für einen Kirchenbau. Der massive, ockerfarbene dreistöckige Torturm bildete vermutlich mit weiteren, ähnlich gestalteten Türmen die zwölf Tore um das Himmlische Jerusalem. Zwischen den Toren ist eine abwechslungsreiche Dachlandschaft eingefügt. Die Stadtdarstellung ist nicht leblos, an verschiedenen Stellen findet man immer wieder kleinere Figuren, etwa in den Fenstern. Dabei handelt es sich vermutlich um Heilige als Bewohner der Stadt. Die Figuren mit den Schriftrollen darüber sind allegorische Tugenddarstellungen, was aus ihren Schriftrollen hervorgeht.
Donatella Silvia Gramatica, Anna Maria Segagni: S. Maria del Tiglio a Gravedona. L’architettura e i restauri, Pavia 1993.
Spiridione Alessandro Curuni: La chiesa romanica di Santa Maria del Tiglio a Gravedona, in: Quaderni dell’Istituto di Storia dell’Architettura, 44/50, 2004, S. 91-98.