Wandfresko San Pietro al Monte (um 1050)

Das Himmlische Jerusalem aus der Kirche San Pietro al Monte in einem abgeschiedenen Tal bei der Ortschaft Civate (Provinz Lecco, Lombardei) besitzt die älteste Darstellung dieses Motivs in Italien als Wandmalerei. Selbst die Verwüstungen unter dem Kaiser Friedrich Barbarossa, unter Napoleon und den Weltkriegen hat es so gut wie unbeschadet überstanden. Es ist ein Ausschnitt aus einem größeren Apokalypsezyklus, den Benediktinermönche zur künstlerischen Ausgestaltung um das Jahr 1050 anfertigen ließen. Sie wählten dazu die Ostwand, und zwar die Flächen direkt über dem Eingang der Kirche. In der Mitte thront Christus als Majestät auf einer Erdkugel, wie man es auch aus anderen zeitgenössischen Darstellungen kennt. Ungewöhnlich ist, dass hier Christus (und nicht ein Engel) den Maßstab hält, mit dem die Stadt vermessen wird. Ebenfalls ungewöhnlich ist auch die Begrünung der Stadt durch Bäume, die noch die Kenntnis antiker Freskenmalerei verraten. Es sind der Baum der Erkenntnis und der Baum des Lebens. Zwischen diesen, etwa auf Höhe des Globus (Thron Christi), fließt der Strom des Lebens nach unten. Das Ganze ist von einer Stadtmauer umgeben, die vorne und hinten leicht gebogen ist, an den Seiten sogar wie Zacken vor- und zurückspringt. Eine solche Ummauerung ist einzigartig, auch aus Miniaturen war so etwas nicht bekannt. Die Tore wurden alle unterschiedlich gestaltet, farblich sind sie in Grün- oder Rottönen gehalten. In Latein ist in jedem Tor der Name eines Edelsteins eingeschrieben. Die zwölf Tore sind jeweils mit Figuren besetzt, entweder Apostel oder Älteste. Von den Figuren sind aber fast nur die Köpfe zu sehen, als wären die Menschen geköpft oder würden sie im Boden versinken.

Oleg Zastrow: L’arte romanica nel comasco, Lecco 1972.
Monika E. Müller: Omnia in mensura et numero et pondere disposita. Die Wandmalereien und Stuckarbeiten von San Pietro al Monte di Civate, Regensburg 2009.

 

Eine moderne Kopie des Freskos findet man in der russisch-orthodoxen Kirche im Kloster Chevetogne in Belgien, unweit der Stadt Ciney in der Provinz Namur. Die Kirche Christus-Salvator ist mit Wandmalereien geschmückt; es sind Werke des russischen Ikonenmalers Pater Archimandrit Zenon. Die Malerei im Atrium stellt das Himmlische Jerusalem dar und wurde im Jahr 2000 geschaffen. Neben die Stadt setzte Zenon Propheten, links etwa Jesaja über dem Lämmerfries, wie man es von antiken Mosaiken her kennt, beispielsweise aus Santa Maria Maggiore in Rom aus der Mitte des 5. Jh.

 

tags: Romanik, Fresko, Lebensbaum, Mauer, Lombardei, Italien, Benediktiner, Kloster, Ikone, Belgien, orthodox, Prophet
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