Die Farbabbildung aus dem Buch „Apokalypse: Geheime Offenbarung“ (S. 91), das selbst apokalyptische Züge trägt, da es die Überzeugung verbreitet, die Endzeit stehe vor der Tür, erschien in Stein am Rhein 1976, also zu einer Zeit, die ganz vom Ost-West-Konflikt und des Wettrüstens überschattet war.
Die Vorgeschichte dieser Teilbibel ist eigenartig: Für die Ausgabe hatte der Schweizer römisch-katholische Theologe Peter Morant (geb. 1901) über viele Jahre den griechischen Urtext neu übersetzt. Dem biblischen Text wurden, als Kommentar, Abschnitte des Werkes „Christliche Prophetie und Nuklearenergie“ des Physikers Bernhard Philberth (geb. 1927) beigegeben. Ursprünglich war vorgesehen, dass Morant den Kommentar verfassen sollte, was aber sein Tod 1974 verhinderte. Dann setzte Johannes Stähelin die Arbeit fort, der jedoch ebenfalls verstarb. Jetzt wurde ein Ordensmann aus Rom damit beauftragt, Michael Prader, der bei Abschluss dieser Arbeit einen tödlichen Herzinfarkt erlitt.
Die farbenfrohe Illustration des Himmlischen Jerusalem stammt von dem Schweizer Jakob Häne (1913-1978), der 1970 dazu den Auftrag erhalten hatte. Er gestaltete die Stadt und die Figuren im Pointillismus, wobei das weißgelbe Licht sich mit dem blauen Hintergrund durchdringen soll. Das Bild zeigt hier Farbtupfer und Überlappungen in einer Art und Weise, wie sie sich auch bei Ernst Steiner, Ruth von Fischer und Max Hunziker finden lassen – alles Künstler und Künstlerinnen, welche zur gleichen Zeit das Himmlische Jerusalem malerisch behandelt haben. Neben der dunklen Johannesfigur unten rechts ist daneben ein Engel zu finden, der bereits vom Licht aufgelöst scheint, wie auch das Lamm Gottes im Zentrum der Stadt. Von dort gehen Strahlen aus, die sich durch die zwölf Stadttore ziehen, bis nach unten zu den Figuren, wodurch das gesamte Bild in eine flimmernde Bewegung gesetzt wird.
Über den Schaffensprozess fand sich in seinen Notizen folgende Bemerkung: „Ich leide sehr unter diesen Beschreibungen, die in mir so schreckliche Bilder entstehen lassen“. Häne starb 1978, so dass alle an diesem Buchprojekt Beteiligten innerhalb kurzer Zeit, teilweise überraschend und letztlich unerklärlich, zu Tode gekommen sind. Das Buch, erschienen am 25. Oktober 1976 im Christiana-Verlag, wurde mit vielen weiteren Kunstwerken Hänes zur Apokalypse ausgestattet. Es wurde ein überaus großer Erfolg. 1978 ist dieser Bildband auch in französischer Sprache herausgegeben worden. Die über 40 Originalölgemälde zu dem Buch wurden erst kurz vor dem Tod des Künstlers 1978 fertiggestellt und standen 2010 erneut zum Verkauf an.
Graf: Siehe, ich komme bald! Erwägungen zur Offenbarung des Johannes, St. Ottilien 1976.
Arnold Guillet (Hrsg.): Apokalypse – Geheime Offenbarung, Stein am Rhein 1976.
Dieter Meile: Jakob Häne. Ausstellungskatalog. Departement des Innern des Kantons St. Gallen, St. Gallen 1986.