Bronze-Reliefplatte von Christof Grüger (1926-2014) aus Magdeburg, Pauluskirche (1969)

Christof Grüger (1926-2014) war ein Künstler, der in der DDR unter schwierigen Bedingungen Sakralkunst in einer einzigartigen, form- und farbkräftigen Sprache geschaffen hat. Sein besonderes Anliegen war das Himmlische Jerusalem, welches er mehrfach zur Darstellung brachte:
-Glasfenster der evangelischen Kirche zum Vaterhaus in Berlin-Treptow, 1966
-Betonglasfenster der katholischen Kirche Heilige Maria in Buttstädt, 1968
-Altarfenster von St. Mechthild, Magdeburg, 1983
-Fenster der Kirche St. Bonifatius in Leinefelde, 1989
Diese Arbeiten sind alle in Glas gehalten. Allein eine evangelische Kirche in Magdeburg besitzt ein Werk Grügers in einem anderen Material. 1969 fertigte er zwei Bronze-Reliefs an, die in die Pauluskirche (Magdeburg-Wilhelmstadt, auch Magdeburg-Stadtfeld) gelangten. Sie waren viele Jahre waagrecht zu den Seiten des Altars aufgestellt, passten aber nicht unbedingt zu der historistischen Ausstattung dieser Kirche. Um 1994 wurden die Tafeln abgenommen und fanden einen neuen Aufstellungsort im Gemeindesaal auf der gegenüberliegenden Straßenseite, in einem Wohnhaus, welches durch den Verlust anderer Versammlungsmöglichkeiten im Jahr 1955 von der Gemeinde errichtet worden war.
Doch auch dies war nicht der endgültige Standort. 2015 wurde als separater Baukörper ein Foyer an die Kirche angefügt, als Servicebereich für Vorträge oder Konzerte. Hier hängen nun die beiden Tafeln direkt vor dem Toilettenbereich, vorläufig noch ohne eine erklärende Tafel dazu, was der Künstler hier zur Darstellung brachte.

Die wenigsten Besucher werden erkennen, dass es sich bei der linken Tafel um den „Brennenden Dornbusch“ und bei der rechten Tafel um das „Himmlische Jerusalem“ handelt. Diese mehr abstrakte Interpretation zeigt zahlreiche Rechtecke, die sich über das gesamte Objekt verteilen. In der Mitte verläuft eine vertikale und eine horizontale Linie, wodurch ein lateinisches Kreuz entsteht, was deutlicher wird, wenn man das Objekt um 90 Grad dreht. Die Rechtecke sind teilweise vertikal, teilweise horizontal geriffelt, mitunter vertieft, aber auch höher gesetzt, so dass eine interessante, lebendige Oberflächenstruktur entstanden ist. Man kann in diesen Rechtecken die Bauten (oder Wohnungen) des Himmlischen Jerusalem vermuten, ansonsten kommt diese Bronzeplatte gänzlich ohne figürliche Bezüge aus.
Ein solches Werk ohne liturgische Funktion und ohne funktionalen Hintergrund ist als l’art pour l’art absolut selten. Aus dieser Zeit kennt man noch den Altarschmuck aus Melle und ein Relief aus Kerpen.

Dieter Müller: Denker, Künstler und Christ. Ein Nachruf auf den Glas- und Textilgestalter Christof Grüger aus Schönebeck, in: Tag des Herrn / Ausgabe für das Bistum Magdeburg, 64, 17, 2000, S. 14.

 

tags: Christof Grüger, Bronze, Magdeburg, Sachsen-Anhalt, DDR, Skulptur
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