Herold der Wahrheit, Teil 2: Jerusalem-Abbildungen nach dem Ersten Weltkrieg

Die adventistische Missionszeitschrift „Herold der Wahrheit“ hatte im 19. Jahrhundert zahlreiche Illustrationen des Neuen Jerusalem den Lesern und Leserinnen präsentiert. Vor allem nach dem Ersten Weltkrieg waren in dieser deutschsprachige Zeitschrift überdurchschnittlich viele Jerusalems-Abbildungen zu finden. Weiterhin sind die an der Zeitschrift beteiligten Künstler namentlich nicht bekannt, aber die Forschung konnte herausfinden, dass oft Adventisten aus den USA Illustrationen nach Hamburg in die Redaktion schickten, wo sie dann zu passenden Texten oder als Cover verwendet wurden. Die hier angegebenen Jahresdaten betreffen das Erscheinungsjahr. Wie immer bei Druckwerken ist davon auszugehen, dass die Werke selbst Monate, wenn nicht gar Jahre zuvor entstanden waren.
Das gilt insbesondere für eine kleine Vignette zur Darstellung des Himmlischen Jerusalem auf der Seite 147 der Doppelausgabe 19/20 des 38. Bandes 1921. Diese Illustration sieht noch sehr wie im 19. Jahrhundert entstanden aus: Die ewige Stadt wird als das „Erbe der Sanftmütigen“ präsentiert, man erkennt vor allem eine lange Stadtmauer, dahinter eine Ansammlung von Bauten, ohne dass sich markante Einzelbauten abheben würden. Das Ganze ist von einer mächtigen Gloriole strahlenförmig umzogen.

 

Anspruchsvoller ist die Covergestaltung des gleichen Heftes mit einer Farbzeichnung von E. S., die die weißen Bauten des Neuen Jerusalem in fernem Hintergrund erscheinen lässt. Die Reihung der weißen Bauten und der blutrote Himmel, daneben eine Palme und weitere exotische Gewächse lassen an Indien oder die Tropen denken. Hauptthema ist aber hier einmal mehr der ewige Tierfriede nach einer Schilderung des Propheten Jesaja, was durch die Menschen und Tiere im Vordergrund deutlich wird.

 

Den ersten Cover-Farbdruck des „Herold der Wahrheit“ brachte die Doppelnummer 17/18 von 1922 (Band 39). Das Cover zeigt oben rechts die neue Stadt, das Neue Jerusalem in blaugrauer Farbe. Es ist eine Aneinanderreihung zahlreicher Wohnungen. Stadtmauer und Tore dagegen spielen eine untergeordnete Rolle, auch belebende Elemente, wie Engel, Heilige oder Christus, fehlen. Darunter ist der alte Erdenball zu sehen, der gerade mit einer Fackel in Brand gesetzt wird und leider untergeht. Es ist die alte Schöpfung, die durch die neue Schöpfung ersetzt wird. Solche dramatischen Szenerien waren nicht allein bei Adventisten in den 1920er Jahren beliebt. Der Künstler oder die Künstlerin dieser Farbillustration ist namentlich nicht bekannt.

 

Eine blaustichige Farbabbildung zeigt auf dem Cover zu Band 45, Heft 1, 1928 das Neue Jerusalem. Der hohe, filigrane Kuppelbau über den zerrissenen Wolken erinnert bereits an die neue Sachlichkeit bzw. den Bauhausstil, in dem es um die Gebrüder Taut eine Überhöhung und Sakralisierung von Architektur gab. Auf hohe Stelen sind drei flache Kuppeln gesetzt. Zwischen den Stelen ziehen sich drei hohe schmale Tore nach oben. Signiert ist die originelle Arbeit mit der Initiale „R“. Der Künstler oder die Künstlerin hinter diesem Akronym ist namentlich nicht bekannt, es wird ein professioneller Illustrator aus dem Umkreis US-amerikanischer Adventisten gewesen sein. Auch Nachforschungen in den USA haben in diesem Fall noch keine eindeutige Identifikation erbracht. 

 

1930 erschien im „Herold der Wahrheit“ diese Miniatur, die im Original nur zwei Zentimeter im Durchmesser aufweist. Man findet die Zeichnung auf einer Zeitleiste an der unteren Seite des Covers zu Heft Nummer 2, Seite 19. Sie stellt am Ende einer solchen Leiste das Ende der Zeit dar, wenn das Neue Jerusalem die alte Schöpfung ersetzt. Die einfarbige Zeichnung ist fast schon minimalistisch, zeigt aber dennoch drei Tore der Stadt, eine Gloriole, einige Wolken und eine flache Kuppel über den Toren, also ähnlich wie auf dem vorherigen Cover zu Band 45.

 

1933 feierte der „Herold der Wahrheit“, die inzwischen führende Zeitschrift der deutschsprachigen Adventisten, die 50. Jubiläumsausgabe. Hier durfte für Heft Nummer 1 eine Darstellung des Himmlischen Jerusalem auf dem Cover (gleichzeitig S. 1) natürlich nicht fehlen. Gezeigt wird die Himmelsstadt in einer ähnlichen Art wie auf einem Gemälde von Hermann Baumeister (1867-1944) aus der Erlöserkirche in Stuttgart.

Claus Bernet: Jerusalems-Leuchter, Jerusalems-Kerzen und Adventskränze, Norderstedt 2015 (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, 25).

 

tags: Adventisten, Missionszeitschrift, Vignette, Zeitleiste, Coverillustration, Illustration, Mission, Art déco, neue Sachlichkeit, Tierfriede, Hermann Baumeister
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