Alois Plum (geb. 1935): Jerusalems-Fenster und Mariensymbole in St. Sebastian in Magdeburg (1992)

Sankt Sebastian ist eine römisch-katholische Probstei- und Kathedralkirche in Magdeburg, die in der Innenstadt direkt gegenüber dem evangelischen Dom liegt. 1992 bis 1993 wurde die einfache Nachkriegsverglasung durch hochwertige Fenster des Mainzer Glaskünstlers Alois Plum ersetzt. Die Pläne dazu gehen bis 1985 zurück. Doch es dauerte bis in die Nachwendezeit, bis die Fenster schließlich durch die Halberstädter Firma Losert von 1990 bis 1992 eingesetzt werden konnten.

 

Das mittlere der sieben Chorfenster hat das Himmlische Jerusalem zum Thema. Es zeigt auf drei Bahnen drei Bereiche der Apokalypse: Der oberste Bereich präsentiert dem Betrachter das Lamm in einem feuerroten Tondo, umgeben von den vier engelhaften Wesen und den zwölf Perlen, in Dreiergruppen zusammengefasst. Aus dem Lamm strömt der Lebensfluss nach unten, in den zweiten, mittleren Bereich. Hier sind sechs Felder dem Lebensbaum mit seinen ganzjährigen Früchten vorbehalten. Im unteren Bereich sind verschiedene Heilige und Engel versammelt, in Tore und Arkaden eingesetzt. Es ist möglich, jeden einzelnen der Heiligen biblisch bzw. historisch zu bestimmen. Die Heiligen des unteren Fensterabschlusses sind leider durch den spätmittelalterlichen Hochaltar verdeckt.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Künstler dem Himmlischen Jerusalem gewidmet hat. Eine Magdeburg ähnliche Arbeit findet sich in St. Jakobus in Harheim (1986), eine mehr figürliche Lösung findet man in der Pfarrkirche Heilige Dreifaltigkeit in Saarlouis-Fraulautern (1980), eine abstrakte Interpretation in der St. Rabanus-Maurus-Kirche in Petersberg (1989).

 

In dem Madeburger Kirchbau wurde das Neue Jerusalem mehrfach dargestellt. Die meisten Besucher kennen lediglich das große Chorfenster mit dem Himmlischen Jerusalem von Alois Plum. Der gleiche Künstler hat jedoch die Himmelsstadt auf einem nördlichen Seitenfenster der Sakramentskapelle nochmals thematisiert. Auch hier gehen die Pläne zurück bis in die Mitte der 1980er Jahre. Doch es dauerte bis in die Nachwendezeit, bis das Fenster schließlich durch die Firma Losert von 1990 bis 1992 eingesetzt werden konnte. Man findet auf dem schmalen, hohen Fenster eine Vielzahl von Mariensymbolen in einer etwas moderneren Formsprache als bei den Chorfenstern. Auf der rechten Seite ist die Civitas Dei platziert, als rundbogiger kompakter Baukörper, der selbst aus mehreren Türmen besteht. Auf die goldfarbenen Glasscheiben sind die zwölf Tore aufgemalt, unten könnte sich ein dunkelfarbiger Hauptzugang befinden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Plum hier auch das Goldene Haus, welches sich formal kaum vom Neuen Jerusalem unterscheidet, darstellen wollte.

Einfacher ist es beim Symbol auf dem Fenster unten rechts. Es handelt sich um die Himmelspforte als einfachen bogenförmigen Bau. Die Füllung besteht als acht hellgelben Glasscheiben, die unbeantwortet lassen, ob diese Pforte geöffnet oder geschlossen ist. Die Rahmung besteht aus mehreren Farbbändern in weißer, blauer, gelber und weiß-gelb wechselnder Farbe.

Ulrich Heinritz: St. Sebastian zu Magdeburg, München 1993 (2).

 

Zum Künstler:

Alois Plum wurde am 2. März 1935 in Mainz geboren. Er ist der Sohn von Josef Plum (1910-1988), der als Maler und Grafiker tätig war. Von 1951 bis 1955 besuchte Alois Plum bei dem Glasmaler Peter Paul Etz (1913-1995) die Mainzer Landeskunstschule, von 1955 bis 1957 studierte er bei Georg Meistermann (1911-1990) an der Kunstakademie Düsseldorf. Anschließend arbeitet er als freier Künstler in seiner Heimatstadt. Er schuf in den folgenden Jahren zahlreiche Beton- und Bleiglasfenster für überwiegend römisch-katholische Kirchen in ganz Deutschland, dann auch Wandmalereien, Mosaike und Tabernakel in weiteren zweihundert Kirchen. Seine wichtigsten Arbeiten sind die Bleiglasfenster der Liebfrauenkirche in Worms (1966-1995), die Fensterwand in der katholischen Kirche in Fulda-Lehnerz (1976) und das Vater-unser-Fenster in St. Bartholomäus in Morlautern (2005-2006). Diese Arbeiten zeichnet seine architekturbezogene Interpretation aus, die harmonisch den historischen Sakralbau und moderner Glaskunst verbindet. Zugleich ist Plum stets eine sorgfältige Ausrichtung an der liturgischen Funktion seiner Kunst wichtig, wobei er figürliche ebenso wie abstrakte Lösungen entwickelte.

 

tags: Alois Plum, Magdeburg, Sachsen-Anhalt, Dom, Himmelspforte, Marienlitanei, Civitas Dei, Lamm.
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