
Linhart Koenbergk ist ein wenig bekannter Künstler des 15. Jahrhunderts, der in Mitteldeutschland tätig war und vermutlich in Erfurt seine Werkstatt hatte. Einflüsse bestehen zum Erfurter Regleraltar, zu Johannes Wisse, zur Paulinerkirche in Leipzig und zur Predigerkirche in Erfurt. Koenbergks Hauptwerk ist jedoch der auf 1471 datierte Altar der Kirche Sankt Marien in Stendal. Zu dem damaligen Sprengel gehörten zahlreiche wohlhabende Kaufleute, die der damals aufstrebenden Hansestadt einen neuen Altar spendierten. Koenbergk konzipierte einen gewaltigen mehrflügeligen Hauptaltar, zu deren Schnitzarbeiten unter seiner Anleitung mehrere Künstler seit 1470 beschäftigt waren. So entstand ein acht Meter hohes Kunstwerk, welches hauptsächlich biblische Geschichten und Legenden aus dem Leben Mariens zeigt.

Der rechte innere Flügel der Außenseite zeigt das Weltgericht. Im geöffneten Zustand befindet er sich auf der Rückseite. Bis noch vor zwanzig Jahren wurde der Altar vor Ostern geschlossen, und das Weltgericht wurde sichtbar. Inzwischen sind aber die originalen mittelalterlichen Scharniere so beschädigt, dass der Altar nicht mehr verändert werden kann. Das Weltgericht kann somit leider nur noch untersichtig von der Seite fotografiert werden.
Das Neue Jerusalem ist hier als Pforte eingesetzt, auf der linken Seite. Die Pforte ähnelt einem Kasten oder einem Goldbarren, auf schmückende Details wurde verzichtet. Somit steht diese kahle Pforte in auffälligem Kontrast zu den prachtvollen Gewändern der ihr gegenüber gesetzten Personengruppe. Ganz vorne, noch vor einem Kardinal, führt ein Papst die Gruppe an. Er wird von Petrus an seine rechte Hand genommen, der bereits auf einer Stufe der Pforte steht, während er mit seiner linken Hand mit einem Schlüssel die Pforte öffnet.
Richard Zander: Die Marienkirche in Stendal. Evangelisches Pfarramt St. Marien, Stendal 1953.
Kurt Rönnebeck: Die St. Marienkirche zu Stendal, Bismark 1993.
Martina Sünder-Gaß: St. Marien in Stendal, Dößel 2010.
Benjamin Sommer: Mitteldeutsche Flügelretabel vom Reglermeister, von Linhart Koenbergk und ihren Zeitgenossen, Berlin 2018.