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Théodore de Bèze (1519-1605): Epigramme (1580, 1612)

Das Bild bleibt das, was es sein soll: ein Rätsel. Weder ist klar, ob das Jerusalem nach oben gezogen oder nach unten gelassen wird, warum es nur elf Tore hat, und auch die Frage, ob die Hand zu Gott oder zu Christus gehört, bleibt unbeantwortet. Dem Emblem nach zu urteilen, hat man das Himmlische Jerusalem vor sich, welches ja einer mittelalterlichen Traditionslinie nach auch rund dargestellt werden konnte. Der Bildunterschrift gemäß müsste es sich aber um eine nach Christus benannte Stadt handeln, vielleicht um die Christianopolis? Das Bild erklärt sich nicht durch den lateinischen Text, obwohl der Anspruch erhoben wurde, dass eine Allegorie durch sich selbst verständlich sei und keine Beischrift nötig habe – hier erklärt sich nicht einmal das Bild trotz des Textes. 

Die Abbildung findet sich in Théodore de Bèzes (1519-1605) „Icones“ (1580). Diese Ausgabe mit 43 nummerierten Emblemen war nach dem „Liber Emblematum“ des Jeremias Held die zweite bedeutende Emblemsammlung im deutschsprachigen Raum überhaupt. Das Jerusalem-Emblem ist die Nummer neun (bzw. Seite Ll.iijv) und zählt zu den „Sacra Emblemata“, deren berühmtester Gegenstand der Tempel des Salomon ist.

Anne Lake Prescott: English writers and Beza’s Latin epigrams, in: Studies in the Renaissance, 21, 1974, S. 83-117.
Arthur Henke, Albrecht Schöne: Emblemata, Stuttgart 1976, Sp. 1204.

 

Eine eng an das Original angelehnte Variante dieses Emblems übernahm Henry Peacham (um 1576-1634) für seine „Minerva Britanna“, die in London 1612 erschien. Der Stich von Seite 98, altenglisch überschrieben „To the thrice famous and farre renowned Vniversitie of Oxford“ ist eine Lobeshymne auf britische Universitäten – also etwas ganz anderes, als der Text zum Stich von 1580. Auch hier steht das Bild in keinem klaren Zusammenhang mit dem Text. Wieder hängt die Stadt am Faden der Hand Gottes, und auch die elf Stadttore lassen sich nachzählen. Als Anpassung an den veränderten Zeitgeschmack wurde der blockartige Renaissancerahmen durch eine leichte, beschwingte Akanthusrahmung ersetzt.

 

tags: BSB München, Epigramm, Hand Gottes, Renaissance, England, Theodor von Beza, Duke University Library
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