Grete Reichardt (1907-1984) und Anton Wendling (1891-1965): Wandteppiche des Zyklus „Hoffnung“ der Berliner Hedwigskathedrale (1963 und 1965)
Die Berliner Hedwigskathedrale war vor allem in der DDR ein wichtiges religiöses Zentrum, für das bevorzugt Kunstwerke angeschafft wurden, nachdem auch hier der Zweite Weltkrieg nicht nur das Bauwerk, sondern auch die Ausstattung in Mitleidenschaft gezogen hat. Schon Ende der 1950er Jahre entstand die Idee, Kunstwerke bewusst von Künstlern aus Ost und West gestalten zu lassen, unter dem gemeinsamen Thema „Hoffnung“. So entstanden auch drei Webteppiche. Sie werden wechselweise in der Adventszeit, zu Ostern und in der restlichen Jahreszeit aufgehängt. Zwei der Teppiche haben das Himmlische Jerusalem zum Thema.
Der Wandteppich, der über die längste Zeit des Kirchenjahres zu sehen ist, stammt von Grete Reichardt (1907-1984) aus Erfurt. Er wurde 1963 fertiggestellt. Wie auch die anderen zwei Teppiche befindet er sich über dem Altar gegenüber dem Eingang.
Zwischen horizontalen leichten Wellenlinien in unterschiedlichen Grautönen heben sich helle Blöcke ab, die Mauern und Gebäudeteile des Neuen Jerusalem andeuten. Unter die zwölf Tore sind die lateinischen Namen der Apostel geschrieben, weswegen der Teppich in der Gemeinde auch als „Apostelteppich“ bekannt ist. Bei genauerem Hinsehen kann man oben das Profil des Gotteslamms erkennen, und unten den Lebensbaum.
Ein weiterer Wandteppich stammt von dem Maler Anton Wendling (1891-1965) aus Aachen, der dort in St. Adalbert und in der Düsseldorfer Kirche St. Maria Rosenkranz das Neue Jerusalem auf Glasfenstern gestaltet hat. Dieser Teppich ist nur in der Adventszeit zu sehen. Das Kunstwerk wurde noch im Todesjahr des Künstlers, 1965, geschaffen. Aufgrund der kontrastreicheren Farben sind hier die Tore deutlicher zu erkennen. Kein Tor gleicht dem anderen. Sie sind zum Teil mit Schutzengeln versehen, dazwischen finden sich unterschiedliche Religionssymbole wie das lateinische Kreuz, Alpha und Omega (ganz oben, unter einem schwarzen Dreieck als Trinitätssymbol), der Davidstern, lateinische Kreuze und anderes. Ein Blick in die Stadt bleibt verwehrt, die Stoffbahn erscheint als hermetische Mauer ohne Fenster.
Martha Vorberg-Wendling: Anton Wendling. Mensch und Künstler, Kreuzlingen 1976.
Kunstsammlungen zu Weimar (Hrsg.): Grete Reichardt: Textilgestaltung, Weimar 1977.
Grete Reichardt, Walter Gebauer: Grete Reichardt – Gobelins, Eisenach 1977.
Städtisches Museum Abteiberg Mönchengladbach (Hrsg.): Anton Wendling, Mönchengladbach 1984.