Über die einzelnen Symbole des Wappens der spanischen Stadt Aracena (Provinz Huelva, Andalusien) wurde viel spekuliert, manche sehen in den dort dargestellten Gegenständen Einflüsse des Templerordens oder der Freimaurer. In der unteren Hälfte des Wappens (der irdischen Sphäre) findet man meist einen Baum, eine Frau und einen Turm, dazwischen eine Leiter, deren Sprossen aus fünf goldenen Kronen bestehen. In der oberen Hälfte (der himmlischen Sphäre) ist links eine geschlossene Pforte aus Holz mit mehreren Kassetten eingefügt. Gegenüber streckt sich eine Hand aus weißen Wolken, von wo aus Petrus, Christus oder Gott dabei ist, die Himmelspforte aufzuschließen.
Die früheste Fassung dieser ungewöhnlichen Konzeption konnte ich bislang bei Lucas Valdés (1661-1725), Sohn des bekannteren Malers Juan de Valdés Leal nachweisen. Lucas Valdés arbeitete mit an einem Buch „Fiestas de la Santa Iglesia de Sevilla“ des Fernando de la Torre Farfán. In dem 1671 herausgebrachten Werk soll diese Zeichnung den Triumph illustrieren (S. 489). Darauf deutet auch die Beischrift „Hac itur ad astra“ „Dies führt zu den Sternen“. Mit Arancena hat diese Arbeit noch nichts direkt zu tun, wohl aber mit der Stadt Sevilla, da die weibliche Personifizierung von Sevilla, ein Modell der ummauerten Stadt und des Giralda-Turms auf dem Kopf trägt. Sie ist gerade dabei, eine Leiter zu erklimmen, die aus König Ferdinands III. Schwert und Zepter mit Kronen als Sprossen besteht. Darüber befindet sich die noch geschlossene Tür, die eine aus den Wolken auftauchende Hand gerade mit einem Schlüssel öffnen will. Das Emblem soll hier die Hinwendung der Stadt zum Christentum nach Ferdinands Eroberung 1248 darstellen. Das wertvolle Unikat gelangte durch den Sammler William Stirling-Maxwell an die Universität von Glasgow (Archives & Special Collections, S. M. Nr. 1701).
Die nächste Abbildung führt bereits ins 19. Jahrhundert, in die Stadt Aracena. Aracena liegt etwa 60 Kilometer vor Sevilla – irgendwie muss die Konzeption dort bekannt und zum Wappen der Stadt gemacht worden sein. Das zumindest dokumentiert das sogenannte Aracena-Schild, das während der Ersten Spanischen Republik verwendet wurde. Es handelt sich um eine Ölmalerei auf Leinwand, die vom republikanischen Bürgermeister Don Jose María de Soto Rioja y Zúñiga 1873 gestiftet wurde. Immerhin dürfte es das einzige spanische Stadtwappen mit einer Darstellung des Neuen Jerusalem sein. Heute wird diese Malerei im örtlichen Rathaus von Aracena aufbewahrt.
Eine der älteren Darstellungen, allerdings stark infolge des Wetters verwittert, hat sich bis heute am Originalstandort erhalten: 1923 wurde in Aracena die kommunale Wäscherei namens San Pedro erbaut und im Jahr 1926 eröffnet. Der Architekt war Anibal Gonzales, der Finanzier Javier Sánchez-Dalp. Auf dem Gebäude wurde eine Ehrentafel in Form bemalter Fliesen angebracht, datiert auf 1927. Für das Thema Neues Jerusalem ist das Wappen der Stadt von Interesse, welches auf der Tafel oben in der Mitte aufgemalt ist. Die einfache Darstellung stammt von einem lokalen Künstler, der damit auf diese städtische Einrichtung aufmerksam machen wollte.
José María Medianero Hernández: Notas y apuntes sobre los lavaderos públicos de la Sierra de Aracena, in: Jornadas del Patrimonio de la Sierra de Aracena, 12, 1997, S. 455-483.
Ebenfalls diese Fliesen wurden in den 1950er Jahren mit dem Wappen Aracenas bemalt. Es war ein Auftrag der Gemeinde für das neue Rathaus der Stadt in der Straße Blas Infante. In der oberen Hälfte ist links eine geschlossene, überaus ornamentierte Himmelspforte im Flamboyant-Stil zu entdecken. Gegenüber streckt sich eine Hand aus den Wolken, die dabei ist, die Pforte aufzuschließen. In dieser spitzbogigen Form wird die Himmelspforte auf dem Wappen noch viele Jahre präsentiert, so etwa auf der gemauerten Quellenfassung von Zulema, außerhalb des Stadtkerns von Aracena, vom Beginn des 20. Jahrhunderts, dort ebenfalls in Form einer Fliesenmalerei.
Fernando Arroyo Durán: El escudo de Aracena, in: Boletin Temple, 72, 2007.
Gran guia de la Espana Templaria, Madrid 2007.
Um 2006 kamen auch moderne Grafiken des Wappens auf, die am PC entstanden sind. Die Künstler dieser Fassungen, die auch von der Wikipedia aufgenommen wurden, sind namentlich leider nicht bekannt. Es handelt sich um Darstellungen in reduzierten Formen, die dazu dienen, das Wesentliche der Grafik schnell zu erfassen. Besser als auf den Fliesen können hier Einzelheiten, wie die Kronenleiter oder die Kassetten der Tür ausgemacht werden, ebenso das Motto „Hac itur ad astra“.